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Kultur: Licht und Raum

Zwei konstruktive Künstler, Waldo Balart und Imre Kocsis, in der Galerie für konkrete Kunst Potsdam

Stand:

Bei den Linien, Flächen, Formen und Farben des in Kuba gebürtigen und heute in Spanien lebenden Waldo Balart geht es nicht um das illusionistische Abbilden von äußerlich Sichtbarem, sondern um das Sichtbarmachen des dahinter liegenden Wesentlichen. So etwa könnte auch die konkrete Kunst allgemein definiert werden. Oder besser noch mit den Worten des Schweizer „konkreten“ Künstlers Max Bill: „konkrete kunst macht den abstrakten gedanken an sich mit rein künstlerischen gedanken sichtbar“ Malerei will nicht Träger von Inhalten oder Emotionen sein, sondern demonstriert analog logischer oder mathematischer Methoden gültige Resultate.

Auch der zur Zeit in der Potsdamer Galerie für konkrete Kunst ausstellende Waldo Balart baut Kompositionen aus reinen autonomen Bildmitteln, in denen keine Spur von Naturvorbild zu finden ist. Sein offenes System, das er „strukturellen Code des Lichtes“ nennt, bedient sich des Lichtes nicht als Reflex auf die Objekte, sondern als Komposition von Spektralfarben, die ineinander übergehen: Vom Violett über Blau, Grün, Gelb, Orange bis Rot. Jeder Farbe ordnet der Künstler eine Zahl zu, die er in einer festen Skala systematisiert und aus der er Kombinationen ableitet, die, obwohl sie dem Kalkül geschuldet sind, Empfindungen und Assoziationen hervorrufen.

Mit wunderbarer Selbstverständlichkeit konstruiert er so Bildharmonien, die auf spannungsreicher Balance beruhen. Sie gleichen Meditationstafeln, Wegweisern, die in die Weite, in die Tiefe, in die Unendlichkeit zeigen. Denn Balart zeigt eine mit ausschließlich elementaren Formen und Farbflächen architektonisch gestaltete Bildfläche, deren tatsächliche Flächigkeit aber durch den leeren Raum zwischen ihnen virtuell als spannungsvolle Räumlichkeit mit verschiedenen Ebenen erscheint.

Die Bildfläche – verstanden als Ausschnitt aus einem virtuell umfassend gestaltetem Ambiente – fungiert als Modul und wird in eine serielle Ordnung gebracht, aber eben innerhalb eines offenen Systems. Die Verwirklichung einer Harmonie auf einer Bildfläche, beruhend auf geometrischer Kalkulation, stellt die Schaffung harmonischer Verhältnisse inmitten einer als chaotisch empfundenen Umwelt dar.

Balarts flexible Ordnungen realisieren die Idee des freien Spiels im Rahmen objektiver Gesetzmäßigkeiten.

Die räumliche Ausdehnung, die verborgenen Binnenräume und Innenstrukturen definieren die Raumkonstruktionen des vor eineinhalb Jahrzehnten in der Bundesrepublik verstorbenen Ungarn Imre Kocsis. Auf den ersten Blick muten die Elemente, die aus der Wand hervorzukommen scheinen und diagonal in den Raum hinein reichen, die sozusagen „Winkelwerte des Schrägen“ bilden, wie traditionelle abstrakte Skulpturen an. Aber diese Elemente, die durch einen Schnitt eine Spitze erhalten haben, sind nicht montiert. Sie stehen, bestimmt durch Winkelwert und Seitenlänge, in fast „freier“ Balance auf dem völlig planen Untergrund. Das schafft diesen Installationen eine ganz „unsachliche“, auratische Ausstrahlung.. Sie wirken wie ein Seismograph, der „ausschlägt“, übertragen ein ganzes Emotionssystem, das sich in Diagrammen darstellen lässt. Dabei beziehen sie ihre unmittelbare Ausstrahlung ganz aus dem Material und nicht aus irgendeinem verschlüsselten Bezug. Bei intensiver Betrachtung entsteht eine Beziehung zum Material, zu seiner Masse, zu seinen Binnenräumen und Innenstrukturen, dann auch zu seiner elastischen Kraft, mit welcher das Element zurückschlagen kann, wenn es mit einer Kante gegen die Wand oder auf den Erdboden stößt. Große Energien werden erlebbar, werden fast körperliches Erlebnis.

Die Objekte reißen den realen Raum optisch auf, legen andere, imaginäre Räume an oder erschließen hinter der sichtbaren Form neue räumliche Dimensionen, suggerieren Brüche, wo das konventionelle Empfinden sie nicht erwarten würde. Sie sind Wegweiser in Räume, die nur in der künstlerischen Realität oder durch sie existieren. Denn Kocsis“ reale Räume bleiben Imagination.Klaus Hammer

Galerie für konkrete Kunst Potsdam, Friedrich-Ebert-Str. 33, Fr-So 14-17 Uhr, Di-Do nach Vereinbarung (Tel. 0331-581 77 66, 0175-54 69 96 1), bis 30. März. Am 1. April um 16 Uhr gibt es die „Strukturellen Ordnungen“ von Rita Ernst zu sehen.

Klaus Hammer

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