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Kultur: Lichte Interpretation

Kammerakademie Potsdam war beim Schlosskonzert mit Musik des 20. Jahrhunderts zu hören

Stand:

Richard Strauss und Dmitri Schostakowitsch im friderizianischen Theater. In diesen Jahren ist es eher eine Seltenheit geworden, dass neue Musik in diesem Raum zur Aufführung kommt. Werke des Barock, der Klassik oder der Frühromantik haben hier mehr das Sagen. Nur mit dieser Musik, so einige Veranstalter, könne der festliche Rokoko-Raum zu einer Einheit werden. Aber neue Kompositionen?

Auch die Verantwortlichen der Kammerakademie Potsdam waren sich nicht ganz sicher, ob das Publikum das diesmal nicht so traditionelle Programm innerhalb der Schlosskonzert-Reihe annehmen werde. Man war jedoch angenehm überrascht, dass die Nachfrage zum Konzert am Sonntagnachmittag sich nicht in Grenzen hielt. Es war ausverkauft und die interessierten Zuhörer honorierten die musikalischen Leistungen der Mitglieder der Kammerakademie mit anerkennendem und herzlichem Beifall.

Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg ist natürlich eine hohe Qualität der Musizierenden. Und die war wieder in hohem Maße gegeben.

Der Chef des Kammerorchesters, Michael Sanderling, war nicht nur als Dirigent zu erleben, sondern er reihte sich mit seinem Violoncello in die Instrumentalistenriege ein. Außer den Geigern Yuki Kasai, Peter Rainer, dem Bratscher Christoph Starke sowie dem Cellisten Jan-Peter Kuschel, die in allen drei zu hörenden Werken musizierten, gab es einen Wechsel bei den aufgeführten Piecen, was sich keineswegs negativ auswirkte.

Zunächst waren Richard Strauss“ Metamorphosen zu hören. Eine elegische Musik des Komponisten des heiteren „Rosenkavaliers“, die er 1945 als einen Schwanengesang auf den Untergang deutscher Kultur für 23 Solostreicher schrieb. Sie ist in strenger Polyphonie gearbeitet. Eine vielfältige Klangfarbenpracht früherer Werke ist in ihr nicht zu finden. Die Musiker spielten hier die Fassung für sieben Streicher von Rudolf Leopold, die ohne den schweren und gesättigten Tonfall des Originalklangs auskommt, gaben ihr aber einen dichten und wunderbar weichen kontrapunktischen Teppich.

Noch frei von Zensur konnte Dmitri Schostakowitsch in den zwanziger Jahren der frühen Sowjetunion Musik komponieren. Und daher wirken die Zwei Stücke für Streichoktett op. 11 völlig ungebremst. Schostakowitschs Hang zur bissigen Ironie und nachdenklichen Melancholie wurde hier ganz deutlich. Der Klang des Oktetts wirkte so homogen, dass man den Eindruck gewinnen konnte, es würde nur ein einzelner Musiker auf einem Instrument spielen. Dazu wusste man unter dem Dirigat von Michael Sanderling lebendig und ausdrucksstark zu musizieren. So auch bei dem abschließend gespielten Oktett Es-Dur op 20 für vier Violinen, zwei Violen und zwei Celli, das Felix Mendelsohn Bartholdy als Sechzehnjähriger mit einem teilweise überquellenden Melodienstrom schrieb. Die wunderbar lichte Interpretation der Mitglieder der Kammerakademie machte Lust auf mehr Mendelssohn, auch auf neue Musik – im Schlosstheater. Klaus Büstrin

Die Kammerakademie Potsdam nimmt gegenwärtig mit Kammersinfonien sowie den am Sonntag musizierten Stücken von Dmitri Schostakowitsch eine CD unter Leitung von Michael Sanderling auf.

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