Kultur: Lieber mal im Schlosspark spazieren gehen Nicht jede Kunst bringt einen weiter
Ein gerahmtes Manifest kündigt es an: „Ich möchte Ihnen mit dieser Ausstellung die Einzigartigkeit des gesamten Lebens vermitteln, die nicht nur unseren Ursprung bedeutet, sondern auch unsere Existenzgrundlage ist.“ So richtet Olaf Thiede zu Beginn das Wort schriftlich an die Besucher der Ausstellung „Natur-Pur“ im brandenburgischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, für die er ungefähr 30 Öl- und Pastellkreide-Bilder zur Verfügung stellte.
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Ein gerahmtes Manifest kündigt es an: „Ich möchte Ihnen mit dieser Ausstellung die Einzigartigkeit des gesamten Lebens vermitteln, die nicht nur unseren Ursprung bedeutet, sondern auch unsere Existenzgrundlage ist.“ So richtet Olaf Thiede zu Beginn das Wort schriftlich an die Besucher der Ausstellung „Natur-Pur“ im brandenburgischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, für die er ungefähr 30 Öl- und Pastellkreide-Bilder zur Verfügung stellte. Das klingt ambitioniert. Was man dann aber zu sehen bekommt, ist definitiv nicht das Leben. Es sind Bilder. Bilder von Bäumen, um genau zu sein. Bäume am Feldrand, an der Landstraße, Bäume im Abendlicht, im Morgenlicht, im Nachmittagslicht.
Auch Ralf Wilhelm Schmidt, dessen Bleistiftzeichnungen den zweiten Teil der Ausstellung ausmachen, scheint von Bäumen überaus fasziniert zu sein. Akribisch, in gewagten Perspektiven, mit aufregenden Licht-Schatten-Spielen, porträtiert er sie. Ein gelegentlicher Specht im Vordergrund garantiert die idyllische Atmosphäre.
Der Fairness halber muss man sagen, dass Schmidt nicht nur Bäume zeichnet. Auf dem Bild „Verzweifelt“ sitzt eine nackte Frau zusammengekauert am leeren Strand. Die Sonne verstrahlt dramatisch ihr letztes gleißendes Licht, und von oben stößt eine überdimensionale Hand aus den Wolken hervor, um nach der Frau zu greifen. So sieht also Verzweiflung aus.
Man könnte vermuten, dass Caspar-David-Friedrich-Fans an diesen Bildern Gefallen finden könnten, die dichte, romantische Landschaften, Sturm und Meer, Schnee und Ruinen lieben. Doch auch die sollten lieber mal einen Ausflug in die Berliner Alte Nationalgalerie machen, statt sich bis ins Kultusministerium zu bemühen. Das Bild „Gerichtslaube II“ erinnert zwar vom Aufbau her tatsächlich an die „Abtei im Buchenwald“ des Romantikers. Dieser ganz spezielle atmosphärische Sog jedoch, der die Bilder Friedrichs so sehenswert macht, geht von dieser „Gerichtslaube“ nicht aus. Sicher sind Schmidt und Thiede technisch hoch begabt. Ihr Handwerk verstehen sie. Wer aber „das Leben in seiner Einzigartigkeit“ begreifen will, muss sich keine Bilder von Feldwegen angucken. Der sollte lieber mal einen Tag lang im Park von Sanssouci spazieren gehen. Hier bekommt er einen Eindruck davon, wozu Menschen und Natur fähig sind. Und Bäume sieht man hier auch. Linda Huke
„NATUR-PUR“ im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dortustr. 36, Mo-Fr, 7-18 Uhr. Eintritt ist frei
Linda Huke
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