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Kultur: Literarisches Septett

Literaturgespräch in der Stadtbibliothek zu Siri Hustvedts „Was ich liebte“

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Literaturgespräch in der Stadtbibliothek zu Siri Hustvedts „Was ich liebte“ Es ist fast wie bei Reich-Ranicki im „Literarischen Quartett“ in der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam am Mittwochabend. Kleine Bistro-Tische, sechs Gäste, eine Moderatorin, in der Mitte das von der Literaturkritik sehr beachtete Buch „Was ich liebte“ von Siri Hustvedt. „Ärgerlicher Anfang“, sagt die Frau mit der in die Haare geschobenen Brille. „Anstrengend“, weil so detailliert und andeutungsreich, meint die Frau mit dem dunklen, dichten Haar. Künstlich, findet der Mann im schlichtem Hemd. Teil 1 der Trilogie kommt bei den Potsdamer Hobby-Rezensenten schlecht weg. Die kunsttheoretischen Beschreibungen reißen sie nicht mit, wie das Erzählen im zweiten und das Psychothrillerhafte des dritten Teils. Einmal im Monat treffen die Potsdamer in der Stadt- und Landesbibliothek am Kanal, früher in der Waldstadt, zum Literaturgespräch zusammen. Seit sechs Jahren. Moderatorin der Runde ist die Literaturwissenschaftlerin Kirsten Hattinger. Mitmachen kann jeder. Gut, wenn man das angekündigte Buch gelesen hat. Essstörungen, Beziehungen, Kunst, Gewalt, Verlust und Tod – kaum ein Thema, dass sich in Siri Hustvedts Geschichte über zwei befreundete Künstlerfamilien im New Yorker Stadtteil SoHo nicht wiederfindet. Etwas überfrachtet, finden die Kritiker, und zum Teil offensichtlich konstruiert. Darüber sind sie sich ziemlich einig, erst als es ins Detail geht und die Moderatorin auf Textstellen und Figuren anspricht, kommen unterschiedliche Perspektiven ins Spiel, werden Empfindsamkeiten und Aufmerksamkeiten geweckt. Zwei ältere Damen sitzen mit Block auf dem Schoß da, jederzeit bereit, Wissenswertes festzuhalten. Zum Beispiel, dass die Autorin 1955 im US-Bundesstaat Minnesota geboren wurde, die Frau des bekannten Schriftstellers Paul Auster ist, dass sie eine Tochter und einen Stiefsohn hat. Gleich mit den ersten Seiten scheidet die Autorin die Geister. Leo, der Kunstkritiker, stößt auf das ungewöhnliche Selbstporträt von Bill, dem Künstler. Drei Frauen, eine davon groß, zentral, sind abgebildet, darauf ein Schatten. Was will der Künstler uns damit sagen? Eine Darstellung seiner weiblichen Seite? Der Maler, eine multiple Persönlichkeit? Die Frauen sein Ich? Das Bild eine Metapher? Die Autorin im Buch entblößt, wie das Modell auf dem Bild? Es wird spekuliert, mit Textstellen belegt und widerlegt. Ein entscheidendes Argument dann, die Information von außen: Austers Sohn habe sich wegen Beteiligung an einem Mord vor Gericht verantworten müssen. Außerdem werde darüber geredet, dass Siri Hustvedt unter Essstörungen leide, berichtet die Moderatorin. Das Buch also doch ein Selbstporträt? Immer weiter geht die Runde in die Geschichte hinein. Der Erzählerin gelingen fantastische Charakter- und Beziehungsbeschreibungen. Die Bilder bleiben lange im Gedächtnis, lobt die Frau mit dem dunklen, dichten Haar. Zum Schluss sind sich dann doch alle einig, dass es sich gelohnt hat, durchzuhalten und den Roman bis zur letzten Seite zu lesen. Marion Hartig Infos bei der Stadt- und Landesbibliothek und der VHS, Eintritt: 7/5,50 Euro

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