zum Hauptinhalt

Kultur: Literatur is coming home

Montag beginnt eine Jubiläumswoche mit Freunden und Autoren im Literaturladen Wist

Stand:

Montag beginnt eine Jubiläumswoche mit Freunden und Autoren im Literaturladen Wist „Was man darstellen will, das muß man auch verkörpern können. Dies wahrzunehmen, ging ich auf Lesereise“, schreibt der israelische Aphoristiker Elazar Benyoëtz, der am kommenden Montag die „Festwoche" zum einjährigen Bestehen des Literaturladens von Carsten Wist eröffnen wird. Benyoëtz, 1937 als Jude in Wien geboren und zwei Jahre später nach Israel ausgewandert, schreibt auch in deutscher Sprache, aufgewachsen ist er im Hebräischen. „Ich kann nichts anderes als Literatur", sagt Carsten Wist ziemlich oft, was eine Untertreibung ist. Wenn man so will, ist seine Person ungewollte Verkörperung des literarischen Geschehens in der Stadt. Die Anfänge gehören zum lokalen Legendengut: Der Literaturvertrieb kurz nach der Wende an einem Stand auf dem Bassinplatz. Wist – der Literaturladen, mit seiner überraschend guten Sortierung, seiner Kinderbuchabteilung und Ausgewähltem aus Politik und Philosophie, ist trotz – oder gerade – wegen seiner Winzigkeit einer der prickelndsten Kreuzungspunkte des kulturellen Stadtlebens: Gerüchte, Geschwätz, Kulturkritik, Sportdiskussionen, das Leben in allen Verkörperungen, hier trifft es sich und bildet sich ab. Die Festwoche soll ein Fest für alle Freunde sein, die Wists Idee, wieder einen Ort für Literatur ins Herz der Stadt zu bringen, unterstützt haben. Das sind das Brandenburgische Literaturbüro, die Berliner Akademie der Künste, die Autoren und alle Leser. György Konrád liest am 3. November aus einem bisher unveröffentlichten Roman-Manuskript „Zur Sonnenfinsternis oben auf dem Berg." Das Leben des Ungar Konrád, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und langjähriger Präsident der Akademie der Künste in Berlin, ist eng mit der deutschen Geschichte verbunden. Er wurde 1933 als Sohn einer jüdischen Familie geboren, tauchte nach der Deportation der Eltern, kaum elfjährig, unter. Nach einem Studium der Literaturwissenschaft wurde er zu einem der intellektuellen Wortführer in Ungarn. Joachim Fest war 20 Jahre lang Herausgeber der FAZ. Der Autor („Speer", „Der Untergang", Vorlage zum gleichnamigen Film) und Publizist ist der eigentliche Namensgeber der „Fest-Woche". Sein Angebot einer Lesung brachte Carsten Wist erst auf die Idee, sein Jubiläum breiter zu feiern. Fest wird am 5. November aus den „Begegnungen" lesen, die ihn mit wichtigen Figuren des Zeitgeschehens zusammen brachten, wie Hannah Arendt, Sebastian Haffner, Golo Mann und Rudolf Augstein. Zwei Tage später kommt Thomas Brussig, ostdeutscher Bestseller-Autor („Sonnenallee"), wegen des zu erwarteten Andrangs nicht in den Laden auf der Brandenburger Straße, sondern ins Waschhaus, mit dem der Literaturladen gerne und regelmäßig kooperiert. Er liest aus „Wie es leuchtet": Dort wird auch am 23. November der Büchnerpreisträger des Jahre 2000, Volker Braun, „Das unbesetzte Gebiet" vorstellen. Einmal monatlich heißt es in Verbindung mit der Zeitschrift Theater heute „Vorhang auf". Wist, dessen Liebe zum Theater nur vom Fußball herausgefordert wird, möchte mit dieser Reihe auf die Symbiose von Literatur und Theater aufmerksam machen und für das Genre Drama werben, weil diese Texte viel zu selten gelesen werden. Zur Premiere am 16. November lesen Schauspieler Stücke der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, zudem werden der neue Intendant Uwe Eric Laufenberg und der Kritiker Martin Linzer zu Gast sein. Eine Literaturparty wird es erst Anfang des nächsten Jahres geben. Der Termin richtet sich nach dem „special guest", der unvergleichlichen Judith Herrmann. Sie hat versprochen zu kommen. Matthias Hassenpflug Alle Lesungen beginnen um 20 Uhr. Tel.: 280 04 52

Matthias Hassenpflug

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })