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Kultur: Lobet die Sieger!

Erstmals fand der Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ in Potsdam statt

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Nun hat Potsdam auch mal einen Grund zur Freude. Nach 15-jähriger Wartezeit konnte man den Landesausscheid „Jugend musiziert“ in die Brandenburgische Landeshauptstadt holen. Ministerpräsident Platzeck und OB Jakobs freut das natürlich, auch wenn sich Potsdam den künftigen Ruhm mit Frankfurt/Oder und Cottbus teilen wird. Was Manfred Uhlmann, Vorsitzender des Landesausschusses Brandenburg, in der Begleitbroschur beklagte, wird die Herren vielleicht nicht erreicht haben: Durch die „Ökonomisierung“ an den Musikschulen – mit 90 Prozent die Hauptstützen der Nachwuchsarbeit – befänden sich Niveau und Vielfalt „in einem sinkenden Gleitflug“, besonders Leistungsträger in den oberen Altersgruppen und bei „Duo-Wertungen“ fehlen. Das mache sich dann bei den Bundeswettbewerben bemerkbar.

Natürlich waren solch „beunruhigende Signale“ bei dem Ausscheiden am Freitag und am Sonnabend nicht zu spüren. An allen vier Austragungsorten musizierte man mit Eifer, Fleiß und Lust. Insgesamt waren 250 märkische Talente anzutreffen. Am ersten Tag dominierten in der Städtischen Musikschule die Holzbläser, im Treffpunkt Freizeit Zupfinstrumente in Ensemblewertung, im Nikolaisaal und im T-Werk die Streicher, teils als „Wertungsvorspiel“, teils als Solowertung.

Sehr überrascht war man am Sonnabend vom gigantischen Besuch der Vokal-Ausscheide im T-Werk. Als etwa Carolin Wallura (Sopran) und Antonia Ziesche (Mezzo) Mendelssohn-Bartholdys „Gruß“, Webbers „Pie Jesu“ oder den „Abendsegen“ aus Humperdingk“s Oper „Hänsel und Gretel“ vortrugen, war kein Stehplatz mehr frei. Auch in der Reithalle B nebenan, wo sich Schlagzeug und Perkussion trafen, bester Besuch, hier hob sich – stellvertretend – Lisa Bubner durch ihr souveränes Spiel vom mehr handwerklichen Impetus ihrer Kollegen in spe ab. Faszinierend. Das Obergeschoss vom Treffpunkt Freizeit blieb zuerst mal den vielen Akkordeonisten verschiedener Altersstufen reserviert. Im wenig gefüllten Saal waren die Spezialisten für Violine und Viola am Werke, wovon die temperamentvolle Luisa Rönnebeck mit Saint Seans“ „Introduction et Rondo Capriccioso op. 28“ und Julius Gunnemann redlich Zeugnis ablegte. Wie überall, erwartete man als Literatur eine Melange zwischen Klassik, Barock, Romantik und der „Moderne“.

Der Nikolaisaal verzichtete als einziger Ort auf „Straßenwerbung“, vielleicht hielt man die Sparte „Alte Musik“ auch so für magnetisch genug. Fürwahr, das meist auf Kammermusik mit Holzblasbesetzung, Cembalo und/oder Cello ausgerichtete Programm war nicht nur literarisch anspruchsvoll, es bestach auch durch sehr lebendige Interpretationen, etwa bei den Trios Beschnidt/Wulfert/Sachse oder Hirschmüller/Viet Son Pham/Maudrich. Da ist viel Können. Wer bis Potsdam kam, hat ja auch viel gearbeitet. Die hiesige Musikschule schließlich war so gut frequentiert wie die Schiffbauergasse, viel Bewegung auf dem Flur. Hier gab es am Samstag Duos für „Klavier und ein Blechblasinstrument“ zu hören, seltsame Reihenfolge, denn das Blech dominierte gewöhnlich im „Musiksaal“, der viel zu klein für so majestätische Töne ist. Marcus Hellriegel und Johannes Pietzonka spielten Thomé und Kroll, mehr aber überzeugten der souveräne Trompeter Hans Jacob mit seinem Pianisten Sebastian Kutz bei Goedicke und dem schwierigen Hindemith.

Spürte man hier und da auch noch die übermächtige Hand der Mentoren, so dürfen Wille zu Darstellung, Ausdruck und Schönheit als gemeinsamer Nenner dieses Ausscheides gelten: Respekt auch vor der logistischen Leistung der Veranstalter. Und die „beunruhigenden Signale“, von denen Uhlmann sprach? Sie beziehen sich auf das demonstrative Loben der Sieger, indes sich die kommunale und Landespolitik der praktischen Förderung des Nachwuchses noch mehr annehmen sollte.

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