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Kultur: Mächtig und ohnmächtig

Alexander Lang spielt am Hans Otto Theater Shakespeares „König Lear“

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Alexander Lang spielt am Hans Otto Theater Shakespeares „König Lear“ Von Klaus Büstrin „Derweil enthüllen wir den verschwiegenen Vorsatz die Karte dort! Wisst, dass wir unser Reich geteilt in Drei; ist unser fester Schluss von unsrem Alter Sorg und Müh zu schütteln.“ König Lear will abdanken. Diejenige seiner drei Töchter, Goneril, Regan und Cordelia die ihn am meisten liebt, soll den größten Teil des Erbes erhalten. Die beiden ältesten heucheln in großen Worten Liebe für den Vater. Cordelia, die jüngste und die Lieblingstochter des Monarchen, wird enterbt und verstoßen, weil sie ihre Liebe nicht so emphatisch ausdrücken kann. Bereits alte Märchen erzählen von diesen Beziehungen zwischen dem König und seinen Töchtern. William Shakespeare entnahm Motive für seine Tragödie beispielsweise aus der „Feenkönigin“ aus dem Jahre 1589, aber auch aus dem Schäferroman „Arcadia“ von Philip Sidney (1590). „König Lear“ ist Shakespeares grausamstes und kompromisslosestes Stück (die erste nachweisbare Aufführung fand am 26. Dezember 1606 statt). Was Lear auf der Bühne – nicht als Lektüre – bedeutet, bestimmt immer der Schauspieler, der die Hauptrolle, in der sich die ganze Problematik des Stückes konzentriert, spielt. Am Potsdamer Hans Otto Theater verkörpert den alten Machthaber Lear, der starrsinnig und nicht ohne Eitelkeiten ist, Alexander Lang. Die Premiere, die heute Abend in der Reithalle A stattfindet, wird auch deswegen mit Spannung erwartet, weil mit Lang einer der wichtigsten deutschen Schauspieler und Regisseure in Potsdam auf der Bühne steht. In der Spielzeit 2001/2002 hat er für das Theater in der Landeshauptstadt bereits eine viel beachtete Inszenierung abgeliefert: „Albert Speer“ von David Edgar mit Götz Schubert in der Titelrolle. Nach „Speer“ reiste Alexander Lang nach Weimar, um sich am dortigen Nationaltheater dem „König Lear“ zuzuwenden. Nicht als Schauspieler, sondern als Regisseur. „Man muss, wenn man auf der Bühne steht, natürlich versuchen, an die eigene Regiearbeit nicht zu denken. Sich ganz der Konzeption des anderen Regisseurs zu öffnen, dessen Vorstellungen gemeinsam mit ihm und den Kollegen auf die Bühne zu bringen, das ist dann die Aufgabe für mich“, sagt Alexander Lang in einem Gespräch mit den PNN. „Es geht in dem Stück um Macht, aber auch um Verlässlichkeit, natürlich um eine ganz konventionelle. Lear erwartet von seinen Töchtern nichts anderes als Dankbarkeit. Er spürt zunächst nicht, dass die Liebesbekundungen Gonerlis und Regans nur Lippenbekenntnisse sind.“ Lear, ein mächtiger Herrscher, wird zum ohnmächtigen Menschen. Wer keine Macht besitzt, bleibt nicht nur arm und bedürftig, er ist auch ein Spielball in den Kämpfen der Mächtigen geworden. „Das Stück zeigt aber auch sehr menschliche Probleme: Lear ist enttäuscht von seinen Töchtern, er ist ein Ausgestoßener, einer der sich nach Liebe sehnt – wunderbare Themen für das Theater“. Gesprochen wird der Text in der romantisierenden Übersetzung Wolf von Baudissins aus dem 19. Jahrhundert. „Sie klingt sehr musikalisch, vernachlässigt aber in keinem Augenblick die Härte des Geschehens “, so Alexander Lang. Der Schauspieler und Regisseur muss es wissen, denn er kennt viele Shakespeare-Übersetzungen, auch aus unserer Zeit. „Zu den Stücken des Engländers bin ich in meinem Berufsleben relativ spät gekommen. Ich kann aber gar nicht sagen , warum“, erzählt Lang. Der 1941 in Erfurt Geborene – die Heimatstadt des Regisseurs der Potsdamer „Lear“-Aufführung, Ralf-Günter Krolkiewicz, ist ebenfalls die alte thüringische Domstadt – hat, nachdem er die Schauspielschule in Berlin absolvierte, Theaterengagements in Berlin angenommen, am Maxim-Gorki-Theater, am Berliner Ensemble sowie am Deutschen Theater. Besonders diese Bühne wurde für viele Jahre seine wichtigste künstlerische Heimat. Dann arbeitete Lang auch in München und in Hamburg. Er wurde für einige Zeit in das Leitungsteam der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin berufen. Neben der Darstellungskunst profilierte sich Alexander Lang immer mehr zum Regisseur. Wenn man die sehr lange Liste von Stücken liest, mit denen er sich beschäftigte, fällt auf, dass er sich vor allem den Klassikern, von Sophokles, Shakespeare, Racine, Goethe, Schiller, Kleist, Büchner bis zu Gorki, zuwandte. „Die alten Geschichten erzähle ich natürlich nicht als Historienschinken, 1:1, sondern mit den Erfahrungen von heute. Es sollen lebendige Auseinandersetzungen sein, in der Lachen und Schrecken dicht beieinander liegen. Ich hoffe sehr, dass es uns auch mit ,König Lear“ gelungen ist“. „König Lear“ in der Reithalle A, heute 19.30 Premiere. Nächste Vorstellung: 15. Dezember, 18 Uhr, 19. Dezember, 19.30 Uhr.

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