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Von Klaus Büstrin: Märchenhafte Hexen-Zeit

„Hänsel und Gretel“ in einer Fassung von Carsten Kochan hatte am Hans Otto Theater Premiere

Stand:

„Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald. Da war es so finster und auch so bitter kalt. Sie kamen an ein Häuschen von Pfefferkuchen fein. Wer mag der Herr wohl in diesem Häuschen sein?“ Ein altes Kinderlied erzählt in Kurzfassung das wahrlich nicht allzu lange Märchen der Gebrüder Grimm.

Seit fast 200 Jahren begeistert die Geschichte von den beiden Kindern Hänsel und Gretel immer wieder und stets auf “s Neue, in Wohnstuben oder wenn märchenhafte Zeiten in den Theatern anbrechen. Zumeist Ende November mit Beginn der Adventszeit.

Das Hans Otto Theater feierte gestern mit einer großen Kinderschar die Premiere von „Hänsel und Gretel“. Nicht die melodienselige Musik von Engelbert Humperdinck beherrscht die Bühne, sondern ganz heutige Dialoge, keine gestelzten und voller Witz. Carsten Kochan hat sie aufgeschrieben und eine eigene Fassung in Szene gesetzt.

Hänsel und Gretel (Jan Dose und Nora Rim Abdel-Maksoud) sind ein munteres Geschwisterpaar, das sich zankt, verträgt und dabei wirklich gern hat. Sie sind Kinder eines armen, jedoch gutmütigen und treusorgenden Holzfällers (Andreas Glaesmer) und seiner Frau (Franziska Hayner), die die Hosen anhat und eine aus Existenznöten besondere Strenge gegenüber dem Mädchen und dem Jungen an den Tag legt. Dass die Mutter die Kinder unbarmherzig in den Wald schickt, dass sie sich dort verirren und ein Pfefferkuchenhaus mit einer schließlich Furcht einflößenden Bewohnerin entdecken, ist allen bestens bekannt.

Carsten Kochan hat sich weitgehend an die Original-Vorlage gehalten. Nur dass die Knusperhaus-Bewohnerin zwei Helfer bei der Gefangennahme von Hänsel und Gretel haben, ist eine sehr gelungene Zutat des Regisseurs. Hokus und Pokus ebenfalls von Andreas Glaesmer und Franziska Hayner gespielt, waren einst ein Rabe und eine Katze. Die Hexe (Caroline Lux) hat sie in beinah menschliche Wesen verwandelt. Sie müssen die Kinder zum Knusperhaus locken und das Essen für den Hänsel zubereiten, damit er schön dick für den Braten wird. Doch sie verrichten ihre Arbeit anscheinend ungenügend. Und so verwandelt sie die Hexe wieder zu ihrer vollen Zufriedenheit in Rabe und Katze.

Die Hexe selbst ist zunächst eine verführerische und freundliche junge rothaarige Frau, die den Kindern Vertrauen einflößt. Hat sie sie aber erst in ihren Fängen, verwandelt sie sich in die bösartige alte Hexe mit der bekannten Hakennase.

Carsten Kochan lag es fern, eine provozierende Inszenierung vorzuzeigen, in denen – wie oftmals zu sehen – die Hexe als Massenmörderin interpretiert oder das Märchen als Geschichte eines Kindesmissbrauchs erzählt wird, obwohl vielleicht hier das Kannibalische ein wenig zu sehr betont wird. Doch glücklicherweise erscheinen Hänsel und Gretel die ganze Geschichte nur als Traum. Und am nächsten Tag können sie Vater und Mutter glücklich umarmen. Carsten Kochan hält in seiner Inszenierung immer wieder die Grenzen zwischen realer und geträumter Welt in einer genau ausbalancierten Schwebe, die das Publikum – Jung und Alt gleichermaßen – mitnimmt und staunen lässt. Er fand mit dem Ausstatter Vinzenz Gertler reizende, bezaubernde, verzaubernde Bilder. Ohne dabei das Stück mit Puderzucker zu überstäuben und so zu versüßen, zu verkitschen. Es leuchtet, schimmert, zaubert.

Den Darstellern macht das Spiel hör- und sichtbar riesigen Spaß. Natürlich genießt die Hexe die meiste Aufmerksamkeit der großen und kleinen Zuschauer. Und Caroline Lux versteht die unterschiedlichsten Facetten ihrer Rolle virtuos zu bewältigen. Hierbei konnte sie auch ganz neue Farben ihrer Darstellungskunst zum Besten geben. Einfach märchenhaft.

Vorstellungen im Neuen Theater vom 1. bis 26. Dezember. Für nahezu alle weiteren Vorstellungen gibt es noch Karten. Nähere Informationen. unter www.hansottotheater.de oder Tel. 0331/98118

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