Kultur: Marschrhythmusfest
Landespolizeiorchester gratuliert Friedrich II.
Stand:
Pünktlich eine halbe Stunde vor der „Geburtstagsparty für Friedrich den Großen“ ertönen am späten Sonntagnachmittag im Hof des Nikolaisaals martialische Preußenmärsche, exakt getrommelt und geblasen vom Fanfarenzug Potsdam unter zackiger Anleitung ihres taktfesten Tambours. Den „Fridericus Rex Grenadiermarsch“ eines gewissen Ferdinand Radeck gibt’s dann im Großen Saal, mit dem das Landespolizeiorchester Brandenburg unter Leitung von Christian Köhler seine sittsame Party startet. Um ein wenig Leben in die Bude zu bringen, ist die Radiomoderatorin Marina Ringel engagiert, die auf anreißerische Art die Musiker hochjubelt („Die können wirklich Märsche spielen!“), das Gebotene lobhudelt – als könne sich das Publikum kein eigenes Urteil vom Können der Polizeimusiker bilden – und stets in anschließende Applause hineinquatscht. Auch geht sie, genauso wie der Programmzettel, mit musikgeschichtlichen Fakten sehr freizügig um.
Beispielsweise bei der fälschlich als Uraufführung angekündigten Wiederentdeckung des dreisätzigen „Militärkonzerts für Klarinette“ op. 6 von Carl Baermann, die sich tatsächlich nur als eine Auftragsbearbeitung des brandenburgischen Innenministeriums durch Matthias Bucher entpuppt. Da sind vom Soloinstrument besonders durchdringende Klangwirkungen gefordert, keine weiche bis waldheimelige Sanftmut. Orchestersolist Nikolai Bartneck entledigt sich der Aufgabe, über das Großaufgebot an Klarinetten (als Geigenersatz), Altsaxophonen, Hörnern, Posaunen, Trompeten zu triumphieren, voller Bravour. Dabei sind vor allem die hohen Lagen eingefordert, die Bartneck sehr klar und direkt intoniert. Leidenschaftliche Episoden gelingen ebenso brillant wie virtuose Passagen oder der weitgehend wärmelose Vortrag des Andante maestoso. Zum Schluss kommen die Musiker sogar noch in Rossini-Schwung.
Dass sie stilistisch sehr vielseitig sind, beweisen sie im knackig-effektvollen Vortrag der „Celebration“ eines Philip Sparke (geb. 1951), im Musicalmedley „Les Misérables“ und in der „Dutch Masters Suite“ von Johan de Meij. Dieser hat sich von Gemälden niederländischer Meister wie Rembrandts „Nachtwache“, Vermeerens „Der Liebesbrief“ und Steens „Prinzentag“ zu einprägsamen Klangdeutungen inspirieren lassen. Sehr lustig, wie die Musiker beim „Prinzentag“ sich zu kakophonischen Klängen in eine enthemmte Fete steigern. Original für Militärmusikkapellen komponiert ist auch die dreisätzige Suite „Tirol 1809“ von Sepp Tanzer, die sich dem von Andreas Hofer angeführten Aufstand gegen die napoleonische Fremdherrschaft widmet. Sie wird sehr effektvoll musiziert. In der stilistisch fragwürdigen Militärmusikbearbeitung des 1. Satzes aus dem g-Moll-Flötenkonzert von Johann Joachim Quantz begeistert allein Orchestersolist Christo Christov auf moderner Querflöte, der wenig später mit einem Solo auf der Traversflöte den klanglichen Unterschied beider Instrumente vorführt.
Neben dem Flötenlehrer Friedrichs kommt auch der junge König mit seiner Komposition eines Parademarsches von 1741 zu Gehör. Und auch die weiteren Militärmusikbeiträge wie „Preußens Gloria“ oder der „Fehrbelliner Reitermarsch“ lassen die Herzen der Preußenfans höher schlagen. Viel Beifall. Peter Buske
Peter Buske
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