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Kultur: Massen strömen und genießen mediterranes Flair

„Wir sind alle down. Aber es war schon geil“, sagt ein erschöpfter, glücklicher Intendant nach 24 Stunden Non-Stop Kultur, Wissenschaft und Kreativität.

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„Wir sind alle down. Aber es war schon geil“, sagt ein erschöpfter, glücklicher Intendant nach 24 Stunden Non-Stop Kultur, Wissenschaft und Kreativität. Morgens um 2 Uhr sah man Tobias Wellemeyer neben seiner Gattin in einem der zahlreichen Liegestühle in den Nachthimmel schauen, zufrieden mit dem Riesenzuspruch der von ihm vor einem Jahr geborenen Idee der Langen Nacht. Mit der zeigt die Schiffbauergasse endlich, dass sie in der Lage ist, Räume zu öffnen. Die sonst eher abgeschotteten Quartiere sind plötzlich durchlässig, auch der Schirrhof integriert. Die Leuten strömen unablässig, das Publikum wechselt. Am Nachmittag spazieren Familien umher, nachts eilt das Partyvolk herbei. Unter den feierlustigen Nachtschwärmern sind etliche Grauköpfe auszumachen, die in hitziger Eintracht neben dem Jungvolk hopsen.

Wie viele Besucher es am Ende waren, ist noch nicht gezählt. „Wir müssen von den Kulturveranstaltern erst die Zahlen zusammentragen“, sagt Kulturfachbereichsleiterin Birgit-Katharine Seemann auf PNN-Nachfrage. „Wahrscheinlich haben wir aber die von Oberbürgermeister Jann Jakobs im Vorfeld avisierten 20 000 erreicht.“ Zur Premiere im Herbst 2010 kamen 15 000 Gäste. Nachts war es vielen zu frisch, um durchzufeiern. Beim jetzigen sommerlauen Abend hielt das Interesse durchweg an. „Es war ein mediterranes Flair. Es hätte auch ein Fest in Italien sein können“, schwärmt Birgit-Katherine Seeman, die selbst bis in den Morgen auf den Beinen war, um sich nichts entgehen zu lassen. „Der Zuspruch war total super. Und trotz der vielen Menschen gab es keine Zwischenfälle.“ Wer Hitze, Bier und Müdigkeit zusammen nicht verkraftete, machte eben mal ein Nickerchen an einer der „Hauswände“ dieser futuristisch anmutenden Stadt.

Dort war alles am Fließen. „Um 14 Uhr ging es langsam los und ab 18 Uhr war es überall voll, ob bei der Ausstellungseröffnung von Steffen Mühle im Kunstraum oder ab Mitternacht im Schirrhof“, so Seemann. Der Dancefloor am Tiefen See lockte mit Musik aus allen Zeiten und Stilen bis morgens um 5 Uhr, und im Biergarten der „fabrik“ drehten sich die Plattenteller sogar ganz ohne Pause. Vor allem aber beeindruckten die tollen Lichtinstallationen. Für die hatten Mitarbeiter der Technik und aus den Werkstätten des Hans Otto Theaters gesorgt und auch das Trollwerk „zündelte“ mit.

„Der Mix der ,Stadt für eine Nacht’ stimmte jedenfalls“, so Tobias Wellemeyer. „Es ist ein kostbares Projekt von Improvisation und Selbstgemachtem, von Kunst, Wissenschaft und Kreativem, das sich als massenkompatibel erweist.“ Und Birgit-Katherine Seemann pflichtet bei: „An dem Konzept muss man nichts ändern. Gerade in dieser Form funktioniert es. Und ich bin natürlich auch dankbar für das Wetter. Dieser Veranstaltungsmarathon stand unter einem glücklichen Stern, anders als das Stadtwerkefest.“

Warum aber gibt es nicht den ganzen Sommer eine Stadt für jede Nacht? „Das wäre das Ziel“, sagt Tobias Wellemeyer. Mit dieser Hoffung verabschiedet sich der Intendant in den wohlverdienten Urlaub: Auf zu Mecklenburgs Wiesen und zur Tochter und dann weiter zum Kunst- und Badetripp nach Brügge. Vielleicht gibt es ja dort einen kulturgeschwängerten Sommer, den Potsdam gerade nach dieser Nacht noch schmerzlicher vermissen wird.Heidi Jäger

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