Kultur: MC Dorota und der Reiher
Polnische Kultautorin Dorota Maslowska ist heute im Literaturladen Wist zu Gast
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Mädchenhaft und unschuldig sieht sie aus. Frisur und Haarfarbe ändert sie so oft, dass man sich ständig an etwas anderes zu erinnern glaubt. Mit ihren bunten Kleidern setzt Dorota Maslowska starke Akzente. Man meint einer Künstlerin, vielleicht einer Zirkusakrobatin, zu begegnen. Sie ist der neue Star am polnischen Literaturhimmel.
Dorota Maslowska war 18 Jahre alt, als sie ihr erstes Buch „Schneeweiß und Russenrot" schrieb, geplant als ein Zeitvertreib, eine Art Ablenkung zwischen den anstrengenden Abiturprüfungen. Aber als der Roman 2002 in Warschau erschien, wurde er ein Bestseller und seine Autorin zur Kultfigur. Mit einer neuen, slangartigen Sprache erzählte Maslowska die Geschichte von Andrzej und seiner Freundin Magda. Die Erzählerin sitzt an der Bar, trifft Freunde und erfährt, dass gerade ein neuer polnisch-russischer Krieg ausgebrochen ist. Es war vor allem die Sprache, die Literaturkritik und Lesepublikum gleichermaßen überraschte. Das Vokabular (Arsch, Scheiße usw.) des Romans schockierte, war jedoch in einen musikalischen Rhythmus eingebettet.
Für ihr neues Buch „Die Reiherkönigin“ (2005), das sie während der Babypause schrieb, erhielt die junge Studentin die höchste literarische Auszeichnung, die in Polen zu vergeben ist, den Nikepreis. Die Handlung konzentriert sich auf die gescheiterte Karriere des Popstars Stan (Stanislaw). Nach großen Erfolgen wird er plötzlich durch die Presse zu einer Figur mit fragwürdigem Sexualleben abgestempelt. Stan verliert seine Aufträge und wird ausgemustert. Erzählt wird in Form eines Raps, viele Textstellen sind direkte Zitate der Slang-Sprache, entnommen einer ganzen Generation, die man in Polen „Generation Zero“ nennt.
Im HipHop Stil kann der Leser Werbeslogans, Vulgarismen, elterliche Belehrungen sowie Ansprachen an die Mutter Gottes hören. Keine leichte Aufgabe für den deutschen Übersetzer Olaf Kühl, der gerade im Mai diesen Jahres seine Arbeit an diesem Buch beenden konnte. Eigens für diesen Text musste er eine Sprache erschaffen, die der HipHop-Generation hierzulande bekannt vorkommt. Eine enorme Leistung, die noch mit einem Nebenprodukt gekrönt wurde. So entstand der sogenannte „Reiher Rap“, bei dem für die Vertonung der Berliner Rapper Sid Peghini sorgte. Zu erwähnen sind die Zeichnungen im dem Buch von Maciej Sienczyk. Es sind originelle Bilder, die den Text Dorotas Maslowskas auf eigene Weise kommentieren. Gestern begann die Autorin ihre Lesereise in Deutschland, MC Doris ist also unterwegs, diesmal ohne ihr Fahrrad Namens Kolbe, dafür mit ihrem vielbesprochenen und mitreißenden Buch. Heute ist sie in Potsdam.Katarzyna Kaminska
12. Juni, 20 Uhr, Literaturladen Wist, Moderation und Übersetzung: Olaf Kühl.
Katarzyna Kaminska
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