
© Andreas Klaer
Von Richard Rabensaat: Menschenleere Räume
Die Malerin Katrin Günther entwirf in ihren Bildern rätselhafte Architekturen: zu sehen im Landtag
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Ein gläserner Steg ragt über einen Abgrund in einer kargen Landschaft. Ocker, gelb und ein wenig schwefelig breiten sich geometrisch strukturierte Flächen in dem Bild von Katrin Günther aus. Das große Tableau füllt eine Wandfläche im Treppenhaus des Brandenburger Landtages in Potsdam. „Das Bild sieht aus, als hätte es hier schon immer gehangen“, stellt Anja Heinrich, die kulturpolitische Sprecherin der CDU Fraktion, fest. Sie hat die Ausstellung organisiert und die Künstlerin eingeladen.
Nahtlos fügt sich das Bild in die architektonische Struktur des Parlamentsgebäudes ein. Die glückliche Korrespondenz zwischen künstlerischer Raumutopie und real gebautem Raum ist vermutlich kein Zufall. Schließlich hat die Künstlerin ein Architektur-Studium absolviert, bevor sie sich der freien Kunst zuwandte. Die Faszination für Bildwelten, die zwischen Visionen möglicher Räume und freien Gedankenspielen mit Quadern, Kugeln, Aufzügen und anderen Architekturfragmenten changieren, ist ihr geblieben.
„Kollektion Tagebau“ nennt Günther eine Reihe von Bildern, zu denen sie sich von der Lausitz mit ihren Abraumhalden und tief in die Erde eingeschnittenen Förderstollen hat inspirieren lassen. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Cottbus. Dort und in der Umgebung seien die Verwerfungen, die der Mensch der Landschaft zugefügt hat, stets gegenwärtig, bemerkt Günther.
Während ihres Studium nahm sie an einem mehrwöchigen Seminar teil, das in einem stillgelegten Bergbau stattfand. „Das hat mich ziemlich beeindruckt und geprägt“, stellt sie noch heute, Jahre später fest. Wie der Mensch sich in die Erde eingräbt, ihr seinen Formwillen aufzwingt und sich ihre Schätze zu Nutzen macht, ist eine der Inspirationen der Malerin Katrin Günther. Aber bar jeder Romantik prägt die weiten Flächen der raffiniert verschachtelten Panoramen auch eine tiefe Melancholie. Mit einer Paraphrase näherte sich Günther dem Bild eines anderen Melancholikers „Nighthawks“ von Edward Hopper. Das Bild gelang ihr offensichtlich recht gut. Ein begeisterter Besucher wollte es besitzen, aber nicht bezahlen. Er stahl es aus der Ausstellung, bis heute ist es nicht wieder aufgetaucht.
Die Begeisterung ist verständlich, denn die klar gezeichneten Perspektiven und systematisch gestaffelten geometrischen Elemente entfalten eine Sogwirkung, der sich der Betrachter schwer entziehen kann. Katrin Günther erzählt keine Geschichten. Aber im Kopf des Betrachters spult sich unweigerlich der Film zum Bild ab, der imaginiert, wie es zu der menschenleeren Utopie gekommen sein mag.
„Brandenburg Beauty“ ist der Titel der Ausstellung im Landtag. Das wirkt angesichts der ausgestellten Leinwände etwas euphemistisch. Wenn Günther aber mit leuchtenden Augen von ihren Ausflügen in die Brandenburger Landschaft erzählt, wird ihre Faszination auch für die von Arbeitern und Technikern malträtierte Natur verständlich.
Brandenburg, Potsdam und seine Umgebung soll auch weiterhin das Thema der wechselnden Ausstellungen sein, die Anja Heinrich organisiert. Vier bis fünf Ausstellungen sollen es pro Jahr werden. „Keiner der Künstler geht hier ohne eine für ihn deutlich bemerkbare Wertschätzung heraus“, stellt Heinrich etwas verklausuliert zu den Ausstellungsbedingungen fest.
Zwei weitere Ausstellungen befinden sich derzeit ebenfalls im Landtag, im Foyer und in den Fluren der Landesverwaltung. Die Fotoausstellung von Kurt Kaindl „Die unbekannten Europäer“ befasst sich mit kleinen ethnischen Gruppen in Europa, wie den Sorben/Wenden in der Lausitz. Eine Wanderausstellung des Stadtmuseums Schloss Hoyerswerda dokumentiert das ehemalige Gefangenenlager Elsterhorst an der brandenburgischen Grenze. Die nicht fachgerecht beleuchteten und unklar strukturierten Flure würden an sich keine idealen Ausstellungsbedingungen bieten, stellt Ulrike Rüppel, die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit im Landtag, fest. 2013 aber steht der Umzug in das neue Landtagsgebäude am Alten Markt an, dort seien die Bedingungen besser. „Dann werden wir uns ein neues Ausstellungskonzept überlegen“, verspricht Rüppel.
Katrin Günther; „Brandenburg Beauty“ im Landtag Brandenburg, CDU Fraktion, Am Havelblick 8, bis zum 31. März, montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr
Richard Rabensaat
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