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Kultur: Mit Bäumen in die Geschichte

Claas Fischer veröffentlicht bei Edition Terra „Potsdam. Begegnungen mit Bäumen“

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Der amerikanische Amberbaum, der Hänge-Perlschnurbaum, der Taschentuchbaum, der Gewöhnliche Judasbaum oder der Mönchspfeffer – Bäume, die man in unseren Breiten selten findet. Doch in den Parkanlagen Potsdams kann man sie begegnen, doch nur in wenigen Exemplaren. Claas Fischer, geprüfter Natur- und Landschaftspfleger, hatte den Einfall über seine Begegnungen mit Bäumen in Potsdam zu schreiben und sie in einem Buch zu veröffentlichen.

Die Edition Terra, die in Berlin und Potsdam beheimatet ist, hat die Idee des Potsdamers Claas Fischer in die Tat umgesetzt. Eine eindrucksvolle Lektüre ist entstanden, die überaus viel Wissenswertes bereithält, verbunden mit Fotografien von Bäumen, von Architekturen, Wiedergaben von Porträts preußischer Monarchen und Gärtnern sowie Karten und Pläne der Parks, natürlich mit den Kennzeichnungen der vorgestellten Bäume und Sehenswürdigkeiten.

Claas Fischer hat keinen Dendrologischen Führer verfasst. Das Buch ist mehr. Es gibt spannende Einblicke in die Potsdamer Kultur- und Kunstgeschichte. Der Autor ist nicht nur mit der Dendrologie bestens vertraut, sondern auch mit der preußischen Historie, von der die Schlösser und Parkanlagen Potsdams so reichlich erzählen. Fischer führt nämlich Besuchergruppen durch die historischen Areals. Besonders beliebt sind seine einmal im Monat stattfindenden Wanderungen zu den „Königen der Pflanzen“, den Bäumen.

Und zu 24 Bäumen führt Claas Fischer die Leser. Nicht nur in den Park Sanssouci, sondern auch in den Neuen Garten, in den Park Babelsberg, auf die Freundschaftsinsel, in den Volkspark, auf den Pfingstberg, zum Krongut Bornstedt und in den Karl-Foerster-Garten in Bornim. Nicht das Alter der jeweiligen Bäume bestimmt die Chronologie des Textes, sondern die Geschichte Potsdams und ihrer Parkanlagen. Und somit beginnt Fischers Führung in der Mitte der Stadt, auf der Freundschaftsinsel, mit der Gründungssage, das von der unglücklichen Liebe einer Fischerin zu einem jungen Fürsten namens Chocus erzählt. Dazu gesellt sich die Hänge-Weide, die auf der Inselspitze steht. Natürlich hat sie nicht das Alter der Sage, aber sie charakterisiert in romantischer Weise die traurige Liebesgeschichte. Dann folgen der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm und die Schwarze Erle im Park des Jagdschlosses Glienicke, der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. und der Amerikanische Tulpenbaum im Marlygarten, Friedrich der Große und der Japanische Kuchenbaum im Lustgarten des Parkes Sanssouci ...

Klaas Fischer weiß zu jeder Epoche und zu jedem Baum eine Menge Geschichten zu erzählen, so zur Seidenherstellung im Kapitel über die weiße Maulbeerbaum am Weberplatz, also dort, wo einst böhmische Weber von Friedrich II. angesiedelt wurden. Mit dem Hänge-Perlschnurbaum am Marmorpalais folgt der Autor den Spuren der Rosenkreuzer, die Friedrich Wilhelm II. so verehrte, mit dem Gewöhnlichen Judasbaum an der Gartendirektion im Park Sanssouci wird Peter Joseph Lenné als Virtuose der Gartenkunst gewürdigt. Und der Blick auf die Stiel-Eiche im Schlosspark Sacrow ist es Claas Fischer wert, über Potsdam als Grenzgebiet zu DDR–Zeiten nachzudenken.

Die Geschichten weiß der Autor ganz lebendig, oftmals auch poetisch zu erzählen. Man wird atmosphärisch ganz dicht in die vergangene und heutige Zeit geführt. Bei den dendrologischen Einführungen wird oftmals die Poesie weggelassen, der Text gerät dann wissenschaftlich trocken.

Claas Fischer, Potsdam. Begegnungen mit Bäumen, Edition Terra, Berlin und Potsdam, 14,80 Euro

Lore Bardens

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