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Mit Beethoven Zuversicht erlangen : Gedenkkonzert zum Ukrainekrieg in Potsdams Nikolaikirche
Kurz nach dem Jahrestag des Beginns des russischen Angriffs wird in der Landeshauptstadt ein musikalisches Zeichen gesetzt. Im Vordergrund steht der Freiheitsgedanke.
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Eroica, die Heroische, Heldenhafte, nannte Beethoven seine dritte Sinfonie, die er dem von ihm verehrten Napoleon widmen wollte, da war der Franzose zunächst ein reformfreudiger Konsul. Nachdem dieser sich selbst zum Kaiser gemacht hatte, soll Beethoven entsetzt gesagt haben: „Nun wird er auch alle Menschenrechte mit Füßen treten … ein Tyrann werden!“ Die Widmung nahm er zurück, auch wenn er deshalb die erste Seite des Manuskripts neu schreiben musste.
Der Freiheitsgedanke soll auch bei dem Konzert am Sonntag im Vordergrund stehen, weniger die Trauer als vor allem Mut, Hoffnung und Zuversicht.
Björn O. Wiede, Dirigent
Am Sonntag, dem 26. Februar, wird die Sinfonie jetzt beim Gedenkkonzert „Mut, Hoffnung, Zuversicht – Ein Jahr Krieg gegen die Ukraine“ in der Nikolaikirche aufgeführt. „Das Stück trägt die Ideale der Französischen Revolution in sich“, sagt der Nikolaikantor und Dirigent Björn O. Wiede. „Freiheit und Gleichheit – das klingt überall mit“. Im Finale taucht zudem ein Thema aus Beethovens Ballett „Die Geschöpfe des Prometheus“ auf: noch ein Werk über das Ringen um Freiheit. „Der Freiheitsgedanke soll auch bei dem Konzert am Sonntag im Vordergrund stehen, weniger die Trauer als vor allem Mut, Hoffnung und Zuversicht“, sagt Wiede.
Das Konzert ist eine Initiative der Stadt Potsdam und der Nikolaigemeinde sowie der vielen weiteren Mitwirkenden auch aus der Potsdamer ukrainischen Community. Die Idee dazu sei vor etwa zwei Monaten entstanden, hieß es, dann wurde innerhalb kürzester Zeit ein besonderes Projekt-Orchester auf die Beine gestellt.
Das Europe Symphony Orchestra besteht aus 45 Musikern aus zehn Nationen, darunter 13 Musikerinnen aus der Ukraine. „Allesamt hervorragend ausgebildete junge und erfahrene professionelle Musikerinnen und Musiker, deren Wege aus vielen Ländern für einige Zeit vor Ort zusammenführen“. Berlin und Potsdam seien das Zentrum der exilierten Künstler, so Wiede, hier gebe es von Anfang an viele Kontakte.
Ein multinationales Orchester ist im Kulturbereich beinahe Normalität, gesprochen wird Englisch oder Italienisch – die Musiksprache. Seine Aufgabe als Dirigent sei es, mit möglichst knappen Ansagen und Vorgaben im Ensemble einen gemeinsamen Geist zu entwickeln, um das ausdrücken zu können, was eben nicht in der Partitur stehe, sagt Wiede. „Ich muss den großen Bogen im Stück sehen und Schwerpunkte setzen.“
Er wünscht sich, dass das Konzert für einen tätigen Zusammen-Klang Europas steht. Für Engagement statt Abwarten. „Wenn wir zusammenspielen, erklingt eine wahre Europa-Sinfonie, verkörpert in der Musik des ukrainischen Volkskomponisten Myroslav Skoryk und des Europäers Ludwig van Beethoven.“
Das recht bekannte Filmmusik-Stück „Melody“ des ukrainischen Komponisten Skoryk, geboren 1938 in Lwiw, gestorben 2020 in Kiew, macht den Konzert-Auftakt. Ein bewegendes, romantisches Werk und ein Ausdruck der ukrainischen Seele, so Wiede. Am Ende des Konzertabends werden die Nationalhymnen von Deutschland und der Ukraine gespielt, es darf mitgesungen werden.
Zur Musik von Haydn also „Einigkeit und Recht und Freiheit“, und daneben: „Ruhm und Wille der Ukraine sind noch nicht tot, das Schicksal wird uns zulächeln, junge Brüder; unsere Feinde werden wie Tau in der Sonne zugrunde gehen, wir, Brüder, werden im eigenen Lande herrschen.“ Das patriotische Gedicht von Pawlo Tschubynskyj, einem Folkloristen und Dichter, 1862 geschrieben, wurde von Mychajlo Werbyzkyj, Pfarrer und Komponist, kurz darauf vertont. Offizielle Hymne ist es erst seit 2003.
Zwischen den Stücken gibt es Grußworte von Vertretern der Stadt, der ukrainischen Flüchtlingscommunity und einem Vertreter der Ukrainischen Botschaft. Der Eintritt zum Konzert ist frei. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) bittet stattdessen um Spenden für die Klinik in Iwano-Frankiwsk. Mit dieser in der West-Ukraine gelegenen Stadt bahnt Potsdam derzeit einen Städtepartnerschaftsvertrag an.
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