Kultur: Mit dem Herzen gesehen
Fotos von Kambodscha im Landtag / Studenten unterstützen „Eye Care Mission“
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Fotos von Kambodscha im Landtag / Studenten unterstützen „Eye Care Mission“ Der Blick der alten Kambodschanerin, die den Betrachter vom Portrait aus anschaut, ist schwer zu entschlüsseln. „Zufriedenheit" wurde das Bild untertitelt, es ist eines der dreißig Bilder umfassenden Ausstellung „Eye Care Mission 2005“, die im ersten Stock des Brandenburger Landtags zu sehen sind. Auf der Nase der Asiatin sitzt eine für den kleinen Kopf viel zu große, altertümliche Brille, das, was man bei uns als Kassenbrille verspottet. Die Sehhilfe wurde ihr von einer Gruppe Augenoptikstudenten der Technischen Fachhochschule Berlin aufgesetzt, die nun zum dritten Mal nach Kambodscha aufbricht, um bis zu 4 000 ausrangierte, gesammelte und gereinigte Brillen unter die Bevölkerung zu bringen. In der Betrachtung von Armut und Bedürftigkeit meinen wir Europäer einen scharfen Blick zu besitzen. Auch die Farbfotos, die von den engagierten Studenten während ihrer humanitären Mission geschossen wurden, besitzen diese Klarheit. Das Bild von Kambodscha, das hier gezeigt wird, ist eines mit liebendem, romantischem Auge gezeichnetes. Fröhlich-neugierige Familien, ein Boot im Frühnebel auf dem Mekong, ein Frisiersalon in einer Bambushütte, eine Tempelsilhouette in der Abendsonne. Erstaunlich stimmungsvolle Aufnahmen, wie für ein Reiseprospekt gemacht. Der scharfe Blick der Zivilisation wird allerdings unscharf, wenn es darum geht, den Grund für das Engagement abzubilden. Selbst die Aufnahmen von Minensuchern, die den Dschungel mit Detektoren nach den gefährlichen Vermächtnissen des jahrzehntelangen Bürgerkrieges durchsuchen, sind zu schön, um das komplexe politische Elend abzubilden. Unter dem Terrorregime von Pol Pot kamen ungefähr zwei Millionen Menschen ums Leben, die Bilder der Schädelpyramiden gingen um die Welt. Viele Intellektuelle waren der Verfolgung ausgesetzt, wer eine Brille trug, stand unter Generalverdacht und musste um sein Leben bangen. Mittlerweile ist in Kambodscha, einem der ärmsten Ländern der Welt, zwar der Frieden zurückgekehrt. Die Minen verhindern jedoch, dass man sich ohne kundige Führung im Land bewegt. Was die jungen Augenoptiker ohne Eigennutz leisten, ist enorm und verdient Unterstützung. Sie kann darin bestehen, eine ausgemusterte Brille im Landtag abzugeben, oder, wie Professor Manuel Fraatz von der Technischen Fachhochschule hervorhebt, natürlich auch in einer Geldspende bestehen. Die „Eye Care Mission" ermöglicht Kambodschanern in entlegenen Provinzen zum ersten Mal in ihrem Leben einen klaren Blick. Väter sehen zum ersten Mal das Lächeln ihrer Kinder, Großmütter ihre Enkel. Alle jene aber, die das Projekt unterstützen und helfen wollen, können auch Erkenntnis gewinnen. Vielleicht „sieht" man auch ohne Sehhilfe ganz gut – mit dem Herzen. Matthias Hassenpflug Zu sehen bis 3. März. Spenden an: Verein zur Förderung der Augenoptik/Optometrie an der TFH Berlin, Stichwort „Kambodscha", Kontonr.: 51 96 85 8000, BLZ: 100 900 00. Info: www.brillenfuerkambodscha.de
Matthias Hassenpflug
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