zum Hauptinhalt

Kultur: Mit dem Preisgeld entspannter sein

Die Schriftstellerin Julia Schoch über Reisen und über das Zurückkommen

Stand:

Die Schriftstellerin Julia Schoch über Reisen und über das Zurückkommen Für die in Potsdam lebende Autorin Julia Schoch ist ihre märkische Heimat ein wichtiger Bezugspunkt. „Heimat ist zwar so ein altes, knirschendes Wort“, sagt Schoch. „Wichtig ist aber, dass jeder einen Fixpunkt im Leben hat.“ In ihrer Kurzgeschichte „Der Ritt durch den Feind“ lässt sie die Hauptfigur deswegen für eine Vortragsreihe ins tropische Südamerika reisen – und sie in ihren Gedanken doch immer wieder in ihre Heimat Buckow zurückkehren. Für diese Geschichte gewann Schoch beim renommierten Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb Ende Juni den Preis der Jury. „Wir alle reisen wie verrückt um den Globus, vergessen aber, dass wir einen Ort brauchen, an dem wir andocken können“, meint die 31-Jährige. Sie selbst wurde 1974 in Bad Saarow (Oder-Spree) geboren, wuchs in Eggesin in Mecklenburg-Vorpommern auf und lebt seit 1986 in Potsdam, wo sie zuerst Germanistik und Romanistik studierte und jetzt als Schriftstellerin und Übersetzerin arbeitet. „Zu diesen Orten fühle ich mich weiterhin sehr hingezogen“, sagt Schoch. „Ich reise gerne und viel, aber ich brauche auch immer einen Ort zum Zurückkommen.“ So ergeht es auch ihrer Hauptakteurin Lo in „Der Ritt durch den Feind“. Lo ist für eine Lesereise über Reitergeneral von Zieten am Amazonas, fühlt sich verloren und lässt sich mit dem Dolmetscher und einem Reporter ein, obwohl zu Hause in Buckow jemand auf sie wartet, der ihr sehr wichtig ist. Lo lässt sich passiv treiben, ohne sich bewusst für oder gegen etwas zu entscheiden. Es ist der Ritt durch ihren inneren Feind. Dieses Phänomen zieht sich durch viele Arbeiten von Schoch: So düster sie die fiktive Realität auch darstellt - zum Schluss werden die Protagonisten meist aktiv. „Mir war auch bei „Der Ritt durch den Feind“ wieder wichtig, dass am Ende so etwas wie Hoffnung aufkommt.“ Um genau diesen Schluss hatte es bei dem Wettbewerb im österreichischen Klagenfurt jedoch heftige Diskussionen der Jury gegeben. Die einen wie die Jury-Vorsitzende Iris Radisch lobten die „flackernde Utopie“, andere wie Daniela Strigl bezeichneten das Ende als „tödlich“. Ähnlich gespalten zeigte sich die Jury dann auch bei der Preisvergabe. Im ersten Abstimmungsdurchgang konnte sie sich auf keinen Gewinner einigen und es kam zu einer Stichwahl zwischen Schoch und dem Münchner Thomas Lang. Der begehrte Ingeborg-Bachmann-Preis 2005 ging schließlich an Lang. „Natürlich war das ärgerlich“, gibt Schoch zu. „Als der Preis dann in so greifbare Nähe rückte, habe ich natürlich mit ihm geliebäugelt.“ Doch die Enttäuschung hielt nicht lange an: „Ich bin froh, insgesamt so gut weggekommen zu sein.“ Immerhin gilt der Bachmann-Preis als eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen im gesamten deutschsprachigen Raum. Und der mit 10 000 Euro dotierte Preis der Jury hat auch noch andere Vorteile: „Mit dem Preisgeld im Hintergrund kann ich meine nächsten Projekte jetzt entspannter angehen.“ Aliki Nassoufis, Veröffentlichungen von Julia Schoch: „Der Körper des Salamanders“ und „Verabredungen mit Mattok“, bei Piper. „Der Ritt durch den Feind“ im Internet: bachmannpreis.orf.at)

Aliki Nassoufis

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })