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Von Heidi Jäger: Mit den Zahlen nicht zufrieden

Zuschauer und Einnahmen gingen zurück: Gesellschafter sprachen über die Zukunft des HOT

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Dass es um die Zuschauerzahlen nicht gerade rosig bestellt ist, wissen die Besucher selbst am besten, die dem Hans Otto Theater trotz anhaftendem Negativimage die Treue halten. Doch wenn wie am Donnerstagabend eine außerordentliche Gesellschafterversammlung anberaumt wird, dann muss man hellhörig werden.

Über das Ergebnis dieser nichtöffentlichen Zusammenkunft war indes von der Stadt nicht viel zu erfahren. Die Pressemitteilung brachte kaum Aufklärung. Kurz und knapp hieß es da: „Am 4.11.2010 fand eine Gesellschafterversammlung statt, in der die Situation des HOT erläutert und einzelne Maßnahmen besprochen wurden. Ziel für die Zukunft ist es, die Besucherzahlen des Theaters zu optimieren. Der Vertrag mit Herrn Wellemeyer läuft unverändert bis Mitte 2014.“ Punkt. Aus.

Welche Maßnahmen besprochen wurden und wie die Zuschauerzahlen tatsächlich aussehen, darüber wollten die PNN vom Intendanten des Hans Otto Theaters, Tobias Wellemeyer, dann doch Genaueres wissen. Der Theaterchef untersetzte die knappen Worte schließlich mit Zahlen. Demnach verringerte sich die Zuschauerzahl der Spielzeit 2008/2009, die noch unter der Ägide von Uwe Eric Laufenberg lief, von 98 554 auf 83 350 in der ersten Wellemeyer-Saison 2009/10. Das sind also rund 15200 weniger Besucher, wobei Wellemeyer darauf verwies, dass sein Neustart erst im Oktober 2009 begonnen habe, also etwa ein Monat weniger Spielzeit zu Buche schlage. Die Auslastung sei von 71 aus 67 Prozent zurückgegangen und die Quote der Eigeneinnahmen von 12, 3 auf 10, 6 Prozent. „Das ist keine gute Zahl, aber auch keine, bei der man ,Oh, Gott’ rufen müsste.“ In Magdeburg, wo er zuvor Generalintendant war, sei sie noch geringer ausgefallen.

Die Eigeneinnahmen zu erhöhen, sei vor allem deshalb schwierig, so Tobias Wellemeyer, da fast 40 Prozent der Aufführungen im Kinder- und Jugendtheaterbereich liegen. Die Einnahmen daraus machen aber nicht mal 20 Prozent aus, da die Eintrittspreise natürlich niedriger sind als bei den Erwachsenen-Vorstellungen. „Doch im Gesellschaftervertrag ist klar die Verpflichtung verankert, dass wir uns neben der Profilierung der Schauspielarbeit vor allem dem Kinder- und Jugendtheater verschreiben sollen. Dennoch muss ich klipp und klar sagen, dass wir mit den Zahlen nicht zufrieden sind.“

Wie Tobias Wellemeyer betonte, habe sein Haus mit den Erfahrungen aus der ersten Spielzeit für die neue Saison „einen spannenden Spielplan zusammengestellt, der differenziert ist und kommerzielle Überlegungen einbezieht“. Seinem Einstieg lasteten viele Zuschauer an, dass er zu intellektuell gewesen ist und zu unausgewogen auf Tragödie statt auf Komödie setzte. Viele ältere Stammbesucher kehrten dem Theater nach teils heftig umstrittenen Inszenierungen den Rücken.

Die Kritiken auf die ersten beiden Schauspielpremieren der neuen Spielzeit polierten das Bild nicht gerade auf. „Sie waren sehr unterschiedlich“, relativiert Wellemeyer indes und betont, dass er die Inszenierung „Enron“ „des hochbegabten Regisseurs Niklas Ritter“ ausgesprochen stark fände. „Er zieht vor allem das junge Publikum an. Mit großer Freunde sehen die Zuschauer auch den ,Revisor’. Er läuft zahlenmäßig sehr gut.“

Um dem Defizit zu begegnen, sei das Theater künftig gezwungen, das Haus zu vermieten, „selbst bei der Gefahr, unser Profil zu verwässern“. So äußerte sich Tobias Wellemeyer bereits auf einer Pressekonferenz im Mai. Inzwischen hat er erfahren müssen, dass es nicht einfach sei, Partner zu finden, die das Theater mieten wollen. „Nicht alle schreien gleich Hurra. So haben wir mit unseren 500 Plätzen 250 weniger als der Nikolaisaal. Ein Verlag mit einem renommierten Autor geht zum Beispiel lieber in den größeren Saal. Aber wir sind mit Interessenten in Verhandlungen.“ Außerdem wolle das Theater seine Verkaufsstrategien verbessern, Sponsoren gewinnen und für eine spannende Sommerbespielung auf der Seebühne sorgen, „wobei wir nicht genau wissen, ob es schon in dieser Spielzeit klappt“.

Hat der Intendant angesichts der schlechten Zahlen schlaflose Nächte? „Die habe ich auch, wenn es uns gut geht. In diesem Beruf fällt einfach das Loslassen schwer.“ Er sei froh, dass bei der Gesellschafterversammlung alle Fakten und Zahlen auf den Tisch gekommen seien. „Daraus entsteht die Motivation, die Probleme noch mehr anzugehen. Das vergangene Theaterjahr war für mich jedenfalls das spannendste in den letzten Jahren. Ich liebe Herausforderungen mehr als die Kontinuität. Und ich bin nach wie vor sehr gerne in Potsdam.“

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