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Kultur: Mit eigener Gangart

Christiane Schulz veröffentlichte zwei Lyrikbände

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Christiane Schulz veröffentlichte zwei Lyrikbände Zwei Gedichtbände, eines davon mehr als Kunstband, konnte jetzt die Potsdamer Lyrikerin Christiane Schulz veröffentlichen. Der holländische Künstler Eric van der Wal verlegt seit mehreren Jahren Gedichte und Kurzprosa in bibliophilen Ausgaben. Denn er macht in der Hauptsache etwas, was seine Kollegen selten tun: Er bringt unveröffentlichte Texte heraus. Oskar Ansull, Hugo Dittberner, oder Heinz Kattner haben bei ihm ediert. Über 100 Bücher hat er seit 1961 in seiner Werkstatt gedruckt, auf einer Dresdner Vorkriegs-Viktoria-Tiegeldruckpresse. Er habe „Lust, Gedichte einzupacken“, so van der Wal“s kürzeste Devise. Und er packt die Texte höchst unterschiedlich ein. Auch die 18 Gedichte von Christiane Schulz haben in dem schmalen Band, das sich „Ebenland“ nennt, ihre eigene gestalterische Entsprechung gefunden, nicht nur durch den besonderen Papp-Einband und das Japan-Papier, sondern auch durch die drei Grafiken Eric van der Wal“s. Die Holzschnitte leben von ihrer Zurückhaltung, ja Schlichtheit. Die nach unten beziehungsweise nach oben laufenden einfachen Figuren illustrieren keinesfalls die Lyrik. Man könnte sie eher als Ausrufezeichen deuten. Wer beim Lesen der Gedichte an den Erkundungen der Lyrikerin teilnimmt, sieht sich einer poetischen Wirklichkeit gegenüber, in der aufgenommene Traditionen unserer Kulturgeschichte ebenso ihr Recht behaupten wie die Benennung gegenwärtiger Erfahrungen. In „Ebenland“ gibt es überraschenderweise so manch humorvolle Passage, nicht laut, sondern mit einem lächelnden Augenzwinkern bedacht. Wer Spektakuläres von Christiane Schulz erwartet, wird enttäuscht sein. Gedichte wirken meist immer auf stille Art. „Die Lyrik ist ein kleines Pflänzchen, und das braucht viel Geduld. Es handelt sich schließlich nicht um einen Bestseller, den man mit aller Gewalt hochtreiben müsste“, schreibt die Schriftstellerin in einem Briefan den Verfasser dieser Zeilen. „Der Himmel der Bleigießer“ heißt der andere Lyrikband, der zeitgleich mit der Ausgabe Eric van der Wal“s in der Autoren-Edition im Neuen Literaturkontor herauskam. Der Verlag beschäftigt sich in seinem Programm ebenfalls mit der Veröffentlichung von Lyrik zumeist noch unbekannter Autoren. Christiane Schulz, die zwar vor den beiden diesjährigen Sommer-Editionen im Jahre 2000 ein Lyrikband unter dem Titel „Endwintergrau“ veröffentlichte, weiß, dass sie als Lyrikerin nie den Bekanntheitsgrad besitzen werde, wie vielleicht als Prosaautorin. Aber sie schreibt Gedichte mit großer Ernsthaftigkeit, Erfindungsvielfalt und Empfindungsreichtum. Die Hexameter Homers, die schönen abgeriegelten Strophen August von Platens, den elegischen Pathos Hölderlins oder den dunklen Schwermut Georg Trakls finden bei Christiane Schulz kaum Eingang oder sie hat sie hinter sich gelassen. Sie hat in den Texten ihre eigene Gangart und Struktur gefunden. Nicht alles ist „beim ersten Blick“ zu erfassen. Man muss sich die kleine Mühe machen, die Gedichte mehrmals zu lesen. Bereichert legt man das Buch aus der Hand, wissend, dass da jemand schreibt, der den Alltag kennt und ihn doch aus der Alltäglichkeit in die poetische Welt hebt. Klaus Büstrin Christiane Schulz, Ebenland, Eric van der Wal, 40 Euro; Der Himmel der Bleigießer, Neues Literaturkontor, 8 Euro.

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