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Kultur: Mit neuem Eigenleben

Kinetische Skulpturen, Collagen und Malerei von drei Künstlern in der Galerie Ruhnke

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Sind es plastische Bilder oder doch eher in die Fläche gebrachte Skulpturen? Holzstücke, in mehrere Lagen saugfähiges Papier gehüllt, beginnen als Wandreliefs ein neues Eigenleben. Es kommt auch vor, dass sich statt Holz feine Stahlstreifen in ungewohnte Tuchfühlung mit dem blütenweißen Papier begeben.

Der Bildhauer Stephan J. Möller probiert immer neue Varianten aus, um unterschiedliche Materialien miteinander in Beziehung treten zu lassen. Bei seinen Wandreliefs dominiert das Thema der Verhüllung bei gleichzeitiger Offenbarung der sich darunter verbergenden Materialität. Am Anfang des gestalterischen Prozesses steht in der Vorstellung Möllers stets die menschliche Figur. Sie bildet das eigentliche Thema und die Hauptantriebsfeder seines bildhauerischen Interesses. Wenngleich für den Außenstehenden nicht so ohne weiteres ersichtlich, handelt es sich bei den aus Holz und Papier gefertigten Reliefarbeiten um künstlerische Paraphrasen auf die Motive Kopf, Büste, Torso, Figur und Bewegung. Figürlichkeit und ihre Auflösung in die Abstraktion scheinen ein weiteres Grundthema dieser Werkgruppe zu sein.

In der ersten Jahresausstellung der Galerie Ruhnke teilen sich die Wandreliefs des Bildhauers Stephan J. Möller aus Hohenbruch bei Kremmen den Raum mit kinetischen Skulpturen des Berliner Bildhauers Michael Hischer und Malerei von Gil Schlesinger. Von Hischer, der seine beweglichen Skulpturen aus Edelstahl und Leichtmetall in erster Linie für den Außenraum konzipiert, sind in der Ausstellung vorrangig kleinformatige Arbeiten zu sehen.

Vier Großskulpturen sind zeitgleich im Innenhof des Potsdamer Dorint-Hotel ausgestellt. Im Vergleich zu den mitunter eine Höhe von elf Metern erreichenden Außenskulpturen erscheinen ihre kleinen Geschwister wie Miniaturen oder Modelle. Ob nun groß oder klein: Michael Hischer macht kinetische Skulpturen um ihrer Bewegung willen. Hierin liegt ihre eigentliche Daseinsberechtigung und ihr ganzer Zauber. Es genügt ein Hauch, um die wie Arme seitlich ausgreifenden beweglichen Elemente in eine gemächliche Schwingung zu versetzen. Das kommt dadurch zustande, dass sie auf mit Rollenkugellagern bestückten Achsen gelagert sind. Alles weitere ist eine Frage der Balance, der Außeneinwirkung und der Physik, der Massenträgheit beispielsweise.

Bei den wie Mobiles funktionierenden Skulpturen kommt noch der Faktor Zeit hinzu. Durch die Bewegung kinetischer Skulpturen wird das Verrinnen von Zeit im Raum ablesbar. Daher gewinnen sie, ebenso wie Mobiles, noch eine vierte Dimension hinzu.

Bleibt die dritte Position in der Ausstellung, vertreten durch den Maler Gil Schlesinger. 1931 in Aussig/Elbe (Tschechoslowakei) geboren und 1955 in die DDR übergesiedelt, ist er nun schon seit vielen Jahren in Bayern beheimatet. Schlesingers Malweise ist gestisch, impulsiv aber nie unkontrolliert. Werner Ruhnke und Karin Tondorf hatten den Maler bei einem Besuch in der Kunststiftung „benz i bena“ in Merseburg von seiner schwarz-weißen Seite kennen gelernt. Was die beiden an Gil Schlesinger vor allem fasziniert hat, ist jetzt in Gestalt von Bildern wie „Unterwegs“, „Garten“, „Brücke“ auch in Potsdam zu sehen. Das Motiv hat der Maler jeweils beinahe scherenschnittartig auf seine charakteristische Grundform reduziert und als schwarze Silhouette auf weißen Grund gesetzt.

Es scheint ein bisschen so, als sei Malerei hier auf eine grafische Verfahrensweise übertragen worden. Gil Schlesinger indessen hat es sich auch hier nicht nehmen lassen, ein bisschen Sand unter die Ölfarbe zu mischen. Die trockene, erhaben auf dem Malgrund stehende Farbe ist es, die den Künstler schon lange fasziniert.

Einige andere seiner bei Ruhnke gezeigten Bilder, in denen Farbe als Ausdrucksträger weitaus mehr ins Spiel gelangt, lassen ein Gefühl dafür entstehen, was Schlesinger jenseits der Schwarz-Weiß-Palette malerisch noch in petto hat.

Bis 30. März, Ausstellung mit Werkewn von Stephan J. Möller, Gil Schlesinger und Michael Hischer, Galerie Ruhnke, Hegelallee 41, Do-So 14-18 Uhr.

Almut Andreae

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