Von Heidi Jäger: Mit pechschwarzem Humor
Henrik Schubert wünscht schon jetzt ein „Frohes Fest“: Ab Samstag steht er als Polizist auf der Bühne
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Ausgerechnet vor dem Gang zum Arbeitsamt sprechen wir über das „Frohe Fest“. Doch Henrik Schubert sieht das Auslaufen seines Vertrages am Hans Otto Theater zum Ende der Spielzeit gelassen. Nichts, was ihm die „Festtagslaune“ und die bevorstehende Premiere am Samstag versauern könnte. Seit fast neun Jahren gehört er zum festen Ensemble in Potsdam, spielte erst am Kinder- und Jugendtheater, wurde dann von Ralf-Günther Krolkiewicz auch ans große Haus geholt und schließlich von Uwe Eric Laufenberg übernommen. „Es gehört zum Theater, dass man irgendwann gehen muss und dass ein neuer Intendant mit neuen Gesichtern beginnt“, konstatiert er pragmatisch. Und irgendwie kommt ihm die Pause wohl auch ganz recht. Sechs, sieben Rollen im Jahr zu spielen, sei schon eine ziemliche Belastung. „Manchmal habe ich zwanzig Vorstellungen im Monat und die Proben kommen noch dazu.“ Er könnte sich durchaus vorstellen, mal ein Jahr frei zu arbeiten. „Ich denke, dass etwas Neues kommen wird“, sagt er zuversichtlich – ohne über die Ergebnisse seiner Vorsprechen an anderen Häusern zu orakeln.
Als nächstes ist er aber erneut auf Potsdams Bühne zu sehen: in der Komödie „Frohes Fest“ von Anthony Neilson, in der er mit seinem trockenen Humor parlieren kann. Gemeinsam mit Moritz Führmann spielt er das Polizistenpaar Blunt und Gobbel, eine Art Laurel & Hardy-Gespann. Die beiden etwas unbeholfenen Gesellen, nicht gerade Leuchttürme an Intelligenz und Pfiffigkeit, sollen einem Ehepaar den Unfalltod ihrer Tochter beibringen. Ausgerechnet am Weihnachtsabend. Das Reden um den heißen Brei lässt allerlei Dinge hochkochen und schließlich so manches auch anbrennen.
Spielte er in „Don Quichotte“ schon mal den Sancho Pansa, also den „Dummen August“, hat sich Henrik Schubert nun zum „Weißen Clown“ gemausert: denn Blunt fühlt sich durchaus als der Klügere. „Allein das sagt schon viel über ihn aus.“ Das Stück biete aber genügend Freiraum, die Rolle weiter zu unterfüttern. „Und sei es durch die Art, wie Blunt eine Decke zusammenlegt. Immer wieder kommt es durch Missverständnisse zu Katastrophen. Trotzdem ist das Ganze eine Komödie mit pechschwarzem Humor. Wir versuchen sie ganz erst zu spielen, nichts mit roter Nase und einem ha, ha – sind wir lustig-Gehabe.“ Sie halten sich vielmehr an Chaplin, der sagte, dass das Leben von Weitem betrachtet, eine Komödie sei, aber genauer hingesehen, eine Tragödie. „Auch in diesem Stück hat jede Figur ihre Tragödie und jede möchte möglichst unbeschadet aus ihr herauskommen. Dafür kehren nicht nur Blunt und Gobbel im wahrsten Sinne des Wortes vieles unter den Teppich, um sich zu retten.“ Gerade das mache es witzig und keineswegs klamaukig. „Slapstick gibt es nur vereinzelt.“ Um sich dafür fit zu machen, schauten die „Polizisten“ noch mal bei „Dick und Doof“ ins „Lehrbuch“. „Komödien zu spielen ist sehr hart. Man muss genau das Timing kriegen. Und da sind wir bei den Proben gerade dran.“ Die letzten Tage vor der Premiere sind für Henrik Schubert immer furchtbar. „Ich schlafe mit der Rolle im Kopf ein und träume noch davon. Jetzt sind es aber nur noch drei Tage.“ Mit Moritz Führmann habe er bislang nur in „Katte“ zusammen auf der Bühne gestanden: „Er in der Titelrolle und ich als Kronprinz Friedrich. Es macht viel Spaß, mit ihm zu arbeiten.“
Nicht immer waren es große Rollen, die Henrik Schubert spielte. „Aber man kann auch aus kleinen etwas machen“, sagt er bescheiden. Und hat Recht damit. Für seinen anspruchsvollen Part in „Gottes Gemetzel“ habe er indes gekämpft, und konnte in dem bitterbösen Seelenstrip von Yasmina Reza zeigen, dass er nicht nur mit Humor die Gemüter erweichen und erreichen kann. Wie auch in „Verbrennungen“ oder „Veronika beschließt zu sterben“. „Das ist das Schöne an Potsdam. Man kann alles ausprobieren und ist nicht auf einen Typen festgelegt.“
Sein ganz spezieller Humor liege wohl in der Familie begründet. „Oder in dem kleinen Nest Peine, in dem man sich mit Humor selbst behelfen muss. So wie Oliver Kalkofe, der auch aus meiner niedersächsischen Heimatstadt kommt.“
Als sich Henrik Schubert auf und davon machte, musste es gleich Berlin sein. Allerdings mit Veto der Eltern. Sie waren gegen dieses Studium an der Ernst Busch-Hochschule, für das ihr Sohn bereits nach dem ersten Vorsprechen die Zusage bekam. „Sie sagten nur: ,Gehe zum Berufsberater, der wird dir die Flausen schon austreiben“. Doch der ermunterte mich vielmehr und sagte: ,Probier“s, sonst trägst du den Wunsch dein ganzes Leben mit dir rum“.“ Fortan waren es nicht mehr die Großeltern, vor denen er spielte, was er am Tag so erlebte. Bald stand er auf der Bühne im Schloss von Celle und drehte sich dann im Bühnenkarussell von Potsdam. „Gerade diese ,unterwegs“-Zeit habe ich sehr genossen. Es hatte etwas vom fahrenden Volk. Wir gingen im Ursinn des Theaters zu den Leuten hin.“
Wie das letzte Potsdamer Jahr für ihn aussehen wird, steht noch in den Sternen. „Auf jeden Fall finde ich es schade, wenn ich die Stadt und meine Freunde verlassen muss. Für die Arbeit sehe ich es indes als Chance.“ In dem Sinne: „Frohes Fest“, auch wenn Henrik Schubert erst im Dezember Appetit auf Lebkuchen bekommt.
Samstag 19.30 Uhr Reithalle A.
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