Kultur: Mit Randerscheinungen
Neue Mix-CD: „TF Rocks – Best Of Teltow-Fläming“
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Klaviergeklimper, ein nerviges Frauenstimmchen, Kaufhaus-Begleitmelodien: Das soll ein Sampler mit dem Namen „TF Rocks – Best Of Teltow-Fläming“ sein? Eigentlich suggerieren das „Rocks“ im Samplernamen und der schrille Punkerkopf auf dem Cover fette Gitarren. Doch elektrische Klampfen sind bei einigen Titeln auf der CD nur eine Randerscheinung, nur ein paar der Bands aus der Region Teltow und Fläming wagen nämlich Ausflüge in elektronische Wave-Tekkno-Sphären. Und das ist durchaus vertretbar, schließlich sollen auch Rocker einmal andere Klänge hören. Doch gibt es Momente, da müssen Fans der härteren Musik endgültig vor Schmerz heulen – das Schlimmste auf dem am Freitag erscheinenden „TF Rocks“- Sampler sind die Schlager.
Denn auf der CD sind ein paar Bands zu hören, die sich dem Genre Dark-Rock zuordnen, was eigentlich verträumte Dusterstimmung samt gepflegter Härte verspricht. Doch manches Mal scheinen sich die Künstler im Erzeugen von romantischen Stimmungen selbst ein Bein zu stellen. Etwa, wenn, wie bei „Dein Kuss“ des „Songs Of Lemuria“-Projekts, eine Sängerin am Mikro steht, die wie Schlagerstar Stefanie Hertel auf düsteren Pfaden klingt. Begleitet wird sie von einem nicht sonderlich originell klingenden Klavier und einem der bekanntesten Musiker der Region, Nik Page, Gründer der jüngst aufgelösten Düster-Mugger „Blind Passengers“. Page hat vier seiner unzähligen Projekte und Neben-Gruppen um die 14 Newcomer herum platziert, davon können jedoch nur „Cromax International“ mit abgefahrenen Punk-Elektro-Klängen überzeugen. Seine restlichen Bands klingen dagegen altbacken, oft kitschig.
Doch zum Glück finden sich auf der CD auch hungrige junge Musiker wie „Mutate Now!“. Sie spielen eine erfrischende Art Punk mit schickem Cyberspace-Feeling. Ebenso können „Thumb Down“ mit ihrem schön abgedrehtem „Waiting For The Slaughter“ überzeugen. Witzig schwanken sie zwischen derben Metal, nervösem Gesinge, tiefen Grunzern, plötzlichen Stimmungswechseln – und einem kurzen, augenzwinkernden Schlagerpart, der erbarmungslos niedergetrümmert wird. Auch eine auf Witz getrimmte Ska-Band wie „Schniposa“ besitzt durchaus einen gewissen Reiz, wenn auch zweifelhafte deutsche Texte. Glaubwürdiger wirkt „Eiszeit“ von „Bauschaum“: Geradliniger Deutsch-Rock mit einprägsamer Frauenstimme und einem Text rund um pubertäre Qualen eines Schülerlebens.
Ja, die Teltow-Fläming-Musikszene kann auch ernst: „Geh einen anderen Weg oder geh ihn allein“, bricht es aus dem Sänger von „Barbudos: Movement“ heraus. Ihr „So viel in Dir“ ist einer der stärksten Songs des Samplers. Die Jungs vermischen HipHop mit wütenden Klängen, einem intelligenten Text und mitreißender Instrumentierung. Die letzten drei Stücke gehören dagegen den Synthesizern: „Sara Noxx“, „Gym Hardcore“ und „Lola Angst“ sind allesamt tanzbar und gehörig mit kalter Atmosphäre versehen.
Fein, fein, fein – wenn da nicht die grausige Erinnerung an diese Schlager wäre. Von den jungen Bands rutscht nur eine ganz tief in dieser Richtung bergab: „Lost Heaven“, die mit viel klischeeträchtigem Schmalz in ihren Stimmen und Melodien hantieren. Zuviel Nik Page gehört? Wahrscheinlich. Aber ist Herrn Page nicht trotzdem zu danken, weil er diesen Sampler überhaupt herausgegeben hat und nun vertreibt?! Ja, schon. Und zum Glück kommt er am Wochenende nur mit seiner derzeit besten Band, eben den „Cromax International“, zu der TF-Rocks-Festival-Party anlässlich der neuen CD.
Da treten die Newcomer-Bands des insgesamt, trotz einiger Ausfälle, gutklassigen Samplers gegeneinander auf der Bühne des E-Werks in Zossen an. Dort dürfen dann etwa „Black Sparx“ zeigen, ob sie ihren fantastischen Song „On Fire“ so rüberbringen können, wie auf dem Sampler – das Stück ist eine bezaubernde Collage aus Streichereinlagen, druckvoll-langsamen Metal-Riffs, HipHop-Einlagen und einer nervös-erregten Stimme. Und ein positiv-melancholisches Gegenstück zu manch anderer Heulsusenmusik. Henri Kramer
TF-Rock-Festival, E Werk-Zossen, Am Kanal 4, Freitag und Samstag, jeweils ab 20 Uhr, Karten 7,50 Euro
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