Kultur: Mit sanft-seligem Charakter
Loewes Passionsoratorium in der Friedenskirche
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Balladenkönig wurde Carl Loewe genannt. In dieser besonderen Liedgattung gilt er auch heute als unerreichter Meister. Dass es darüber hinaus weitere lohnenswerte Ausflüge zu seinen anderen Kompositionen gibt, darauf verwies am Sonntag der Potsdamer Kirchenmusiker Tobias Scheetz in der Friedenskirche Sanssouci mit der Aufführung des Passionsoratoriums „Das Sühnopfer des neuen Bundes“ aus dem Jahre 1855. Es ist trotz seiner Reminiszenzen an Bach und Händel ein hochromantisches Werk mit weitgehend lyrischer Weichzeichnung, in dem sich ein melodischer Charme breitmacht. Dramatisches kommt in dem Passionsgeschehen um Jesu dagegen hier selten vor. Eher Geheimnisvolles. Und dies erinnert dann an Opern von Beethoven und Weber. Meditative Momente haben im Oratorium den Vorrang. Auch die Interpretation von Tobias Scheetz mit ihren weitgehend moderaten Tempi. Ein Oratorium mit sanft-seligem Charakter.
Den Ökumenischen Kantatenchor Berlin-Friedrichshagen hatte der Dirigent bestens für die Aufführung vorbereitet. Er sang insgesamt sehr klangschön und engagiert, doch manchmal wäre ein größeres Zupacken wünschenswert gewesen, um dem Ausdruck mehr Farben zu verleihen. Doch mit großer Innigkeit wusste der Kantatenchor die Choräle zu singen. Leider besetzte Scheetz den orchestralen Part nur mit einem Streichquintett, sicherlich wegen der Finanzen. Es machte seine Sache zwar vorzüglich, aber für manch musikalisches Geschehen hätten ein paar mehr Streicher gut getan. Zum Einsatz kam ein schwebend, vielleicht auch manchmal soßig wirkendes Harmonium als aktuelles Instrument aus der Loewe-Zeit. Vielleicht hätte eine Orgel dem Ganzen ein paar kraftvollere Akzente verliehen.
Im Solistenquartett sind dem Bass die meisten Aufgaben zugedacht. Bei Amnon Seelig, der über eine profunde Stimme verfügt, war im Laufe der Aufführung des Konzertes jedoch eine stimmliche Überforderung nicht zu überhören. Mit klarer Stimme und feinem Ausdruck gab die Potsdamer Sopranistin Sophie Malzo ihren Part, Dörthe Haring ließ ihren warmen Mezzosopran frei strömen und Dirk Kleinke brachte ausdrucksnuanciert seinen Tenor zum Erklingen. Eine berührend-bewegende Passions-Aufführung in der Friedenskirche. Klaus Büstrin
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