Kultur: Mit Schubert und Beethoven Neues Kammerorchester auf „Wolke Sieben“
Es war eine musikalische Reise, zu der sich das Neue Kammerorchester Potsdam unter Leitung von Ud Joffe im vergangenen Jahr auf den Weg gemacht hat. Auf dieser Zeitreise durch das lange 19.
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Es war eine musikalische Reise, zu der sich das Neue Kammerorchester Potsdam unter Leitung von Ud Joffe im vergangenen Jahr auf den Weg gemacht hat. Auf dieser Zeitreise durch das lange 19. Jahrhundert gelangt das Orchester am heutigen Donnerstag beim 3. Sinfoniekonzert der Saison im Nikolaisaal an der Grenze von Wiener Klassik und Romantik an. Unter dem Motto „Wolke Sieben“ erklingen zwei sehr unterschiedliche 7. Sinfonien: diejenige in h-Moll von Franz Schubert aus dem Jahr 1822 – unter dem Namen „Unvollendete“ bekannt – und Ludwig van Beethovens Siebte in A-Dur – entstanden 1812. So unterschiedlich die beiden Werke sind, so sind sie doch in ihrer Art und Entstehung beide ein Wunder.
Die „Unvollendete“ ist im wahrsten Sinn des Wortes beispiellos: Nichts deutet auf ihr Kommen hin. Zwar sind in Schuberts vorausgegangenen sinfonischen Fragmenten Neuerungen zu erkennen, aber nirgendwo zeichnete sich ein Wunder wie das der h-Moll Sinfonie ab. Die Ambivalenz von Freude und Leid durchzieht quasi leitmotivisch diese Sinfonie in der „Schmerzenstonart“ h-Moll. Die beiden vollendeten Sätze sind so anders und so einzigartig gegenüber allem, was vorher an Musik existiert hatte, dass diese unvollendete Sinfonie ein musikalisches Erdbeben ausgelöst hätte, wäre sie zur Entstehungszeit aufgeführt worden und nicht erst mehr als 40 Jahre später. Auch wenn er es selbst nicht so sehen konnte, ist Franz Schubert mit dem Fragment der h-Moll Sinfonie der Durchbruch auf dem Weg zur romantischen Sinfonie gelungen. Mit dieser Sinfonie ließ Schubert die Klassik und das hochverehrte Vorbild Beethoven weit hinter sich und fand zu einer neuen, kühnen Tonsprache, die in vielem bereits die Symphonik Gustav Mahlers ankündigt.
Beethoven schuf mit seiner 7. Sinfonie eines seiner heitersten und optimistischsten Werke, schierer Ausdruck der Freude, des Glücks und der Lebensbejahung – und dies gerade in einer Zeit niederschmetternder Schicksalsschläge: Neben pekuniären Sorgen machten ihm Krankheit und zunehmende Taubheit zu schaffen. Zudem erlebte er zur Entstehungszeit seiner Siebten mit der „Unsterblichen Geliebten“ eine letzte leidenschaftliche, aber unglückliche Liebesbeziehung. Die 7. Sinfonie wird vom Rhythmus dominiert; Richard Wagner nannte sie eine „Apotheose des Tanzes“. Im Finale treibt Beethoven den Tanzcharakter seiner Sinfonie auf die Spitze. Der rasante Aufbau immer neuer von Rhythmus durchdrungener Klangmassen, heftig skandiert und angestachelt von der Pauke, das Ausreizen der Dynamik bis zum dreifachen Forte war dergestalt in seinen Sinfonien vorher noch nicht zu finden. Der Triumph war überwältigend und spätestens von da an galt Beethoven unter seinen Zeitgenossen als der größte lebende Komponist. PNN
Am heutigen Donnerstag, 19.30 Uhr im Nikolaisaal, Wilhelm-Staab-Straße 10/11. Karten zum Preis von 15, ermäßigt 10 Euro in der Ticketgalerie des Nikolaisaals oder unter Tel.: (0331)28 888 28
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