zum Hauptinhalt

Kultur: Mit sechs Gemälden fing es an

Sanssoucis Chefrestaurator hilft bei der Restaurierung des An-Dinh-Palais in Vietnam

Stand:

Sanssoucis Chefrestaurator hilft bei der Restaurierung des An-Dinh-Palais in Vietnam Von Hella Dittfeld Sie liegen weit auseinander - das spätsommerlich-warme Deutschland und das subtropisch-heiße Vietnam. Doch der Weg von einem zum anderen Land ist oft kürzer als man denkt und die Gemeinsamkeiten größer als man vermutet. Beide Länder waren geteilt, mussten und müssen einen unheilvollen Krieg überwinden, setzen auf Tourismus und Sehenswürdigkeiten als Marktfaktor und europäischer Stil hinterließ im 18. und 19. Jahrhundert seine Spuren in vietnamesischen Palästen wie es fernöstliche Einflüsse unter anderem in den preußischen Schloss- und Gartenanlagen taten. Beim Chefrestaurator der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Andreas Liebe war das Interesse an einem Restaurierungsauftrag in der vietnamesischen Kaiserstadt Hue deshalb schnell geweckt. 2002 sah er sich das erste Mal dort um und begann die Voraussetzungen für die Wiederherstellung von sechs Wandgemälden in europäischen Stil im kaiserlichen An-Dinh-Palais, das die Unesco zum Weltkulturerbe erklärt hat, zu organisieren. Es wurden Farbproben entnommen und in einem Potsdamer Speziallabor analysiert. Der Kontakt war über das Hue Monuments Conservations Center (HMCC) und die deutsche Leibniz-Gesellschaft zustande gekommen. Das Auswärtige Amt stellte 18 000 Euro zur Verfügung, bezahlte Flug und Sachmittel. Die Vietnamesen sorgten für Unterkunft und Verpflegung und vier deutsche Fachleute erklärten sich bereit, vier Monate lang ohne Gehalt zu arbeiten. Andreas Liebe hatte es verstanden, auch noch die Restauratoren Andrea Teufel, Melanie Münchau und Dirk Böhme für den Vietnam-Tripp und einen Zehnstundentag bei tropischen Temperaturen zu begeistern. Hinzu kam noch Projektkoordinator Thomas Ulbrich. Vom 20. Mai bis 5. August wurden die sechs Gemälde restauriert und der Stadt Hue damit nicht nur Kleinodien zurückgegeben, sondern auch ein Wert von rund 60 000 Euro erarbeitet. Und wenn das Geld in Vietnam schon knapp ist, so gab es wenigstens Orden von der Provinzregierung für so viel aufopferungsvollen Einsatz. Doch noch zeigt das Palais wenig von seiner einstigen Pracht, die Innenräume sind heruntergekommen, die Originalausstattung der Zimmerwände ist übertüncht worden. Der Potsdamer Chefrestaurator kümmerte sich deshalb 2003 nicht nur um die Gemälderestaurierung, er lernte auch einheimische Facharbeiter an und begann mit ihnen originale Wandbemalungen freizulegen. Diese Restauratoren-Ausbildung, einheimische Fachleute für die Architekturfassung gibt es überhaupt nicht, aber auch die Vorarbeiten für die Architekturfassung der Räume möchte Liebe vorantreiben. Dafür hat er sogar schon ein bisschen Vietnamesisch gelernt, auch wenn vor allem die bedeutungsvollen Tonlagen der europäischen Zunge manche Schwierigkeiten bereiten. So wie Liebe es jetzt einschätzt, würden sich die Arbeiten über zwei Jahre erstrecken. Ein solch langer Einsatz ist dann allerdings nicht mehr ohne Bezahlung möglich, denn in Deutschland laufen die Unkosten schließlich weiter. Und es muss natürlich für die Restaurierungsarbeiten ein Kostenvoranschlag gemacht und schließlich über Stiftungen, die Deutsche Botschaft in Hanoi und andere Mittelgeber die Finanzierung abgesichert werden. Auch darum will er sich während seines jetzigen fünfwöchigen Aufenthaltes in Vietnam kümmern. Bei der Freistellung durch die Schlösserstiftung sieht Liebe dagegen keine allzu großen Probleme. Das Marmorpalais, an dem er über Jahre gearbeitet hat, ist bis auf Kleinigkeiten innen restauriert. Den Nibelungen-Fries im Laufgang unter den Säulen will er noch vor seinem Asien-Ausflug 2005 fertig stellen. Bis das Neue Palais mit seinem Riesenaufgabenberg spruchreif wird, kann er wieder zu Hause sein. Wenn Liebe also jetzt zum dritten Mal, Anfang der Woche, das Flugzeug nach Vietnam bestieg, dann flog er zu guten Bekannten, an einen Ort, der ihn fasziniert und an eine Arbeit, die unbedingt fortgesetzt werden sollte. Und wenn man ihm zuhört, dann ist da etwas von Fernweh in seiner Stimme, Sehnsucht nach den Menschen, die fleißig und gastfreundlich gemeinsam mit den deutschen Fachleuten ihr Hue wieder erneuern möchten. Auf einen Schwatz unter Potsdamern muss Liebe übrigens auch in der vietnamesischen Kaiserstadt nicht verzichten. Als er sich im Jahre 2003 dort aufhielt, erreichten überaus vertraute Laute sein Ohr. Ein Minenräumkommando war am 17. Breitengrad, an dem auch Hue liegt im Einsatz. Die Firma hieß Potsdam Commerz.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })