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Kultur: Mit seltener Offenheit

Der Potsdamer Ruben Wittchow stellt heute sein Album „Weites Land“ im T-Werk vor

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Es ist die Offenheit, die einen an Ruben Wittchow überrascht. Er hat keine Scheu zu zeigen, was er denkt und fühlt. Es gibt keine Verstellung, kein Schleier, keine Umschreibungen. Ruben Wittchow singt und gibt alles preis. Da entblößt einer sein Seelenleben, denkt man anfangs beim Hören seines Albums „Weites Land“ und fühlt sich peinlich berührt. Doch dann erkennt man, dass Ruben Wittchow keiner ist, der nur um der Effekte willen so offen ist. Er singt mit einfachen Worten über Liebe und Einsamkeit. „Weil du gehst“, „Friedlich durch den Regen“ und „Die Sonne lacht“ heißen seine Lieder. Zugegeben, klingt ein wenig nach Pubertäts-Lyrik. Doch wer genau hinhört, stellt fest, dass Ruben Wittchow als Sänger und Musiker einfach so ehrlich ist, wie man es heute nur noch selten erleben kann.

Songs in Tagebuchform nennt Ruben Wittchow die Lieder auf „Weites Land“. Heute Abend stellt der 31-Jährige das Album zusammen mit seiner Band im T-Werk vor. „Eine CD mit den eigenen Liedern ist das eine, sie live zu spielen aber viel wichtiger“, sagt Wittchow. Warum dann dieses Album?

Ruben Wittchow sagt, dass er es einfach machen musste. Schon lange trug er diesen Gedanken in sich, eine Platte aufzunehmen. Er hat in den vergangenen Jahren einige Lieder geschrieben, hatte nach seinen Anfängen in verschiedenen Bands, darunter als Schlagzeuger bei Dream Diver, die deutsche Sprache für seine Texte entdeckt. „Deutsch zu schreiben, heißt für mich, an bestimmten Themen näher dran zu bleiben. Es soll rüberkommen, wie ich es fühle.“ Singen ist auch ein Sprachrohr für ihn. Denn sein kleiner Sprachfehler, ein leichtes Stottern, stört ihn dabei nie.

Es sind immer persönliche Erfahrungen, die Ruben Wittchow in seinen Liedern verarbeitet. Dazu gehören gescheiterte Beziehungen, geplatzte Träume aber auch der Verlust von geliebten Menschen. Bei einem Unfall sind vor Jahren seine Schwester und ein sehr guter Freund ums Leben gekommen. „Eine Zeit lang war die Musik für mich wie Therapie.“ Mit der Gitarre oder dem Piano hat er versucht zu verarbeiten, was tief in ihm drinnen wühlte und manch „emotionale Narbe“ hinterlassen hat, wie Wittchow es nennt. Er hat in Worte gefasst, was ihm gelegentlich immer wieder die Sprache verschlug.

„Schon damals habe ich die Lieder bei mir zu Hause mit einem Achtspurrrekorder aufgenommen“, sagt Ruben Wittchow. Mit der Zeit sei der Wunsch gewachsen, diese und neu hinzu kommende Lieder auf einem Album zusammen zu fassen. Vor knapp vier Jahren ist er mit diesen Liedern zum ersten Mal aufgetreten, zusammen mit dem Pianisten Dietmar Haupt. „Das war noch im Café des Kino Melodie.“ Das Zusammenspiel mit Haupt lief sehr gut. Ruben Wittchow merkte, dass seine Vorstellung von dem eigenen Album immer klarere Formen annahm.

„Ich wollte nicht einfach in der Singer- und Songwritertradition eine Platte ganz allein aufnehmen.“ Seine Musik, das sei Musik für ein Band. Doch zuerst sind Wittchow und Haupt als Duo losgezogen, bis sie einen Schlagzeuger und einen Gitarristen fanden. Wittchow hat die Arbeit an seinen Liedern verstärkt, hat sich daran gemacht, auszuwählen, was auf sein Album kommen soll. Weil dem Sozialpädagogen, der als freier Künstler arbeitet, das Geld für ein teures Aufnahmestudio fehlte, hat er die Aufnahmen selbst produziert. „Mancher hat mich für verrückt erklärt.“ Doch Wittchow wollte dieses Album und hat ein Jahr investiert und dabei die Hilfe von Freunden bekommen. Rechtzeitig zum Konzert im T-Werk ist das Album fertig geworden.

Auf „Weites Land“ sind 13 Lieder versammelt. Lieder, die Ruben Wittchow in den vergangenen 15 Jahren geschrieben hat. Das Album ist für ihn eine Art Werkschau. Jetzt geht es darum, zu touren und vielleicht ein größere Plattenfirma für seine Lieder zu interessieren. Über fehlende Ideen für ein nächstes Album macht sich Ruben Wittchow keine Gedanken.

Vor neun Wochen kam seine Tochter Charlotte zur Welt. Wenige Tage nach ihrer Geburt hatte er ein Lied geschrieben.

Die Record-Release-Party zu „Weites Land“ mit Ruben Wittchow und seiner Band beginnt heute, 20.30 Uhr, im T-Werk, Schiffbauergasse.

Dirk Becker

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