Kultur: Mit teuflischen Intrigen Dominique Horwitz mit Strawinsky im Nikolaisaal
Was der Bauer nicht kennt Wie beispielsweise Igor Strawinsky. So ist die Zahl der Zuhörer sehr überschaubar, die der „Geschichte vom Soldaten“ des russischen Komponisten im Nikolaisaal lauschen wollen.
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Was der Bauer nicht kennt Wie beispielsweise Igor Strawinsky. So ist die Zahl der Zuhörer sehr überschaubar, die der „Geschichte vom Soldaten“ des russischen Komponisten im Nikolaisaal lauschen wollen. Aus der Not eine verbale Tugend machend, bezeichnet der Abgesandte des veranstaltenden Fördervereins Klassikwerkstatt e.V. die Anwesenden als „kleinen, aber exklusiven Zuhörerkreis“.
Zunächst erklingt als eine Art Ouvertüre die Sonatine für Violine und Schlagzeug von Pierre Metral (1936-1996), ehemaliger Pauker im Orchestre de la Suisse Romande. Eine spröde Melodielinie, mit expressivem Klang von Geiger Kolja Blacher produziert, wird von den Attacken diverser Tomtoms und Bongos kontrastiert. Der Berliner Philharmoniker Jan Schlichte liebt die harten, knochentrockenen Schlegeleien und unterstützt höchst wirkungsvoll die Zerrissenheit dessen, was die Violine in kleingliedrigen Schritten, rhythmisch exzessiv und nervös gespannt zu berichten weiß. Konzentriert geht es durch vier Sätze, wobei auch Triangelgeklingel, Gongs und Becken für reizvolle Tempelstimmung sorgen. Betörender Geigengesang mit Glissandoeffekt bricht auf, ehe motorischer Drive sich die Oberhand gewinnt.
Eine sehr passende Überleitung auf die Verführungskünste des geigenden Teufels, der sich der Seele eines Soldaten mit allerlei Tricks zu versichern versteht. Nach einem russischen Märchen hat Igor Strawinsky diese „Geschichte vom Soldaten“ als eine von Musiknummern begleitete Erzählung mit Tanz komponiert. Doch auf optisch-theatralische Zutaten muss man in dieser Konzertversion mit Mitgliedern der Berliner Philharmoniker, Geiger Kolja Blacher und Schauspieler Dominique Horwitz verzichten. Auch übernimmt der Mime alle Rollen, vom Vorleser über Soldat und Teufel bis hin zur Prinzessin. Mit dem von sieben Instrumentalisten rassig gespielten Marsch des heimwärts wandernden Soldaten beginnt die collageartige Geschichte, in der längere Textpassagen mit illustrierender Szene-Musik wechseln. Letztere wird außer von den bereits Erwähnten noch von Alexander Bader (Klarinette), Markus Weidmann (Fagott), Gabor Tarkövi (Trompete), Christhard Gössling (Posaune) und Peter Riegelbauer (Kontrabass) mit Charme, enormer Klangkultur, bestechend präzisem Rhythmusgefühl, kurzum: mit philharmonischem Edelklang ausgeführt. Tango, Marsch und Walzer sind auf höchst vergnügliche Weise adaptiert und in „schräge“ Klänge verwandelt. Gleich einer fixen Idee zieht sich des Soldaten Wandermotiv deutlich erkennbar durch die Musik.
Weniger rühmlich dagegen die sprachschnellen und nicht immer textverständlichen Bemühungen Horwitz’, den für alle Figuren charakteristischen Duktus zu finden. Der Vorleser: väterlich wie erwartet. Der Soldat, der für ein Buch, mit dem man Dinge vorhersagen und reich werden kann, seine Geige, sprich: seine Seele einem Fremden hergibt, verfügt schon nicht mehr über solche Prägnanz. Dafür umso mehr der Teufel mit knarziger, fordernder, intriganter Fistelstimme, der den Soldaten, als der nach Heilung und Heirat der Prinzessin wieder nach Hause will und die Grenze überschreitet, unter den Klängen eines teuflischen Triumphmarsches zur Hölle fahren lässt. Die Hände rühren sich eifrig. Peter Buske
Peter Buske
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