Kultur: Mit trolligen Tollereien Kinderkonzert
im Nikolaisaal
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Selbst kleine kostümierte Piraten und Prinzessinnen stehen artig an der Prägemaschine, um ihr selbst ausgemaltes Button in ansprechender Ansteckform zu erhalten. Andere haben sich längst den Zwei-Ohr-Stirnreif aufgestülpt, Verbundenheitszeichen all jener, die Fans des kleinen Sinfoniekonzerts für Kinder „Klappe zu, Ohren auf!“ sind. Schnuller nuckelnde Kleinstkinder werden von erwartungsfrohen Müttern im Foyer des Nikolaisaals herum getragen. Es herrscht Stimmengewirr, quirliges Treiben – bis sich die Türen zum großen Saal öffnen. „Abenteuer im Land der Trolle“ soll es diesmal zu erleben geben. Kein Platz bleibt frei.
Endlich hat das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt auf dem Podium Platz genommen. Als Chefdirigent Howard Griffiths und rbb-Moderator Stephan Holzapfel erscheinen, werden sie mit großem Jubel empfangen. Längst sind sie von ihrem Publikum ins Herz geschlossen. Und auch diesmal enttäuschen sie keinen, als sie, jeder auf seine Art, vom Norweger Peer Gynt erzählen: dem Angeber, Träumer, Weltreisenden, Abenteurer „Er hat viel erlebt, kam sogar bis nach Marokko“, erzählt Stephan, moderierende Zugnummer dieser verdienstvollen Nikolaisaal-Reihe zur Gewinnung von Zuhörernachwuchs. Und dieser hält tatsächlich die Klappe, sperrt dagegen die Ohren auf.
„Dort in Marokko hat Peer Gynt auch Tänze kennen gelernt wie den arabischen Tanz.“ Schnell stellt Holzapfel die Querverbindung zu den dafür erforderlichen „türkischen“ Instrumenten her: Becken, Triangel, große Trommel, Tambourin Zeigt sie vor, lässt sie einzeln erklingen. Eine höchst anschauliche Instrumentenkunde, die sich im Verlaufe des nachmittäglichen Einstundenhörvergnügens fast bei jedem Stück wiederholt. Dann bringt er den norwegischen Komponisten Edvard Grieg und seine Musik zu Ibsens Schauspiel „Peer Gynt“ ins Gespräch. Die Fäden sind geknüpft, und so kann nach all den kindgerechten Erläuterungen der „Arabische Tanz“ erklingen.
Lautstark geht’s zur Sache. Zartbesaitete Kinder fangen reflexartig zu weinen an oder halten sich gar die Ohren zu. Einige versuchen mitzudirigieren. Als Holzapfel davon erzählt, dass Peer Gynt in Norwegen Trolle getroffen habe, erscheint – die Überraschung ist gelungen - eine ganz junge, erst 214-jährige Trollfrau, die berichtet, wie es damals wirklich zuging. Sie heißt Maria Sander, ist die schauspielstudierte Freundin des Moderators und entpuppt sich mit ihrer herrlich kindlichen Naivität als eine exzellente komödiantische Traumpaarpartnerin. „Und jetzt kommt die Trollmusik“, freut sich Peers fiktive Reisebegleiterin. Als bühnengerecht gesteigertes Crescendo erklingt dann „In der Halle des Bergkönigs.“
Um die Kinder bei Laune zu halten, werden sie zu Körpergymnastik in den Sitzreihen aufgefordert. Mitmachen ist auch bei „Anitras Tanz“ angesagt: „War sie eine Hexe oder schöne Frau?“ Nach dem Hören entscheidet man sich für ein „sowohl als auch“. Die Frankfurter Musiker sind von den spontanen kindlichen Aktivitäten sichtlich angetan, spielen mit finessenreicher Hingabe. Naturalistisch schildern sie Peer Gynts sturmumtoste „Heimkehr“. Zum Abschluss erklingt „Solvejgs Lied“. Es müsste eigentlich „Lied der Trollfrau“, zickt selbige vor lauter Eifersucht auf die vermeintliche Nebenbuhlerin. So schön kann eine poetisch umgedichtete Handlung sein, wenn die passenden Partner zusammenkommen. Als Zugabe gibt’s noch einmal ein Treffen „In der Halle des Bergkönigs“. Peter Buske
Peter Buske
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