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Kultur: Mit Tücken

Singakademie mit einem Bach-Kantaten-Konzert

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Üppig und ausladend kam das „Jauchzet, frohlocket“ daher. Man spürte: Bei Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“ ist der Sinfonische Chor der Singakademie Potsdam zu Hause. Und er kam hierbei lustvoll in Fahrt. Souverän wussten die Sängerinnen und Sänger den Eingangschor sowie die beiden Choräle zum Besten zu geben. Frische Stimmgebung und klare Artikulation waren angesagt. Gern hätte die Singakademie wohl noch weiter gesungen, aber nach der ersten Kantate des beliebten Oratoriums war Schluss. Schließlich war er lang genug.

Dirigent Thomas Hennig wollte für das traditionelle Weihnachtskonzert der Singakademie im Nikolaisaal diesmal eine andere Linie fahren. Dem alljährlich wiederkehrenden musikalischen Ereignis Weihnachtsoratorium wollte er durch drei weitgehend unbekannte Kantaten des Thomaskantors entgegentreten. Als von Interpreten und Zuhörern geliebtes Sahnehäubchen durfte wenigstens die erste Kantate des Weihnachtsoratoriums erklingen. Hennigs Intentionen, den Konzertbesuchern mitzuteilen, dass es noch andere weihnachtliche Musik von Bach als das Oratorium gibt, ist unterstützenswert, doch die Publikumsnachfrage fiel insgesamt mager aus. Auch das Claudius-Ensemble änderte nichts daran. Die unter dem Dach der Singakademie wirkenden 20 Sängerinnen und Sänger gaben dem Konzert unter der Leitung von Jens Bauditz eine adventlich-weihnachtliche Atmosphäre mit stimmungsvollen Chorsätzen vor allem alter Meister: lustvoll, farbig und textverständlich.

Vor der Pause wurden die Bachkantaten „Unser Mund sein voll Lachens“ (BWV 110), „Süßer Trost, mein Jesu kömmt“ (BWV 151) und „Ich freue mich in Dir“ (BWV 133) musiziert. Natürlich erwartet man in einem Singakademie-Konzert keine historisierende Interpretation, doch auch bei der eher monumentalen Gestik, die man von diesem Chor auch bei Barockmusik bislang erlebte, sind beeindruckende Wiedergaben möglich, die zu Herzen gehen. Dies hat er in der Vergangenheit bewiesen. Aber leider stand die Singakademie am späten Sonntagnachmittag nicht über ihre zugegeben nicht leicht zu bewältigenden Aufgaben mit dem polyphonen Geflecht der Chorpartitur. Schon der Einsatz des Eingangschors von „Unser Mund sein voll Lachens“ misslang. Danach hatte man den Eindruck, als ob sich bei den Choristen die Unsicherheit und Resignation breitmache, so dass ein gelöstes und frisches Musizieren sich über weite Strecken kaum einstellte. Das in Potsdam weithin unbekannte Preußische Kammerorchester Prenzlau wurde als Partner für dieses Konzert verpflichtet. Es musizierte zwar sehr ordentlich, doch man vermisste hier und da ein stärkeres Zupacken, mehr Akzente.

Das Solistenquartett bestand aus Doerthe Maria Sandmann, Sopran, Julia Halfar, Mezzosopran, Masahi Tsuji, Tenor, und Georg Gädker, Bass. Der Sopranistin Wiedergabe der Arie „Süßer Trost, mein Jesu kömmt“ gehörte zu den Höhepunkten des Konzerts. Ihr klarer Sopran setzte besonders feine Lichter in den Raum, die ihre Wirkung nicht verfehlten. Julia Halfar ließ ihre eher unruhig klingende Stimme mit freudiger Bewegtheit erklingen und Georg Gädker gab mit seinem Bass dem Konzert besonders im Weihnachtsoratorium ein weiches und ausdrucksstarkes Fundament. Nur der junge japanische Tenor, der über eine schöne Stimme verfügt, blieb tonlich und interpretatorisch blass. Ein Konzert mit mancherlei Tücken, doch auch Gelungenem.

Klaus Büstrin

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