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Kultur: Mit ungekünsteltem Liedgesang Edita Gruberová zu Gast im Nikolaisaal

Egal, ob Zürich, Wien, München, Mailand oder Bonn. Viele Fans begleiten sie, wenn sie singt, die Primadonna assoluta Edita Gruberová.

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Egal, ob Zürich, Wien, München, Mailand oder Bonn. Viele Fans begleiten sie, wenn sie singt, die Primadonna assoluta Edita Gruberová. Keine Opernaufführung und keinen Liederabend möchten sie verpassen. Nun trafen die Verehrer am Sonntag in großer Zahl in Potsdam ein, denn im Nikolaisaal gab die Sopranistin ein Konzert, das natürlich ausverkauft war. Doch kein Belcanto-Arien-Querschnitt war zu erleben, sondern einer, der der Liedkunst gewidmet war.

Die gebürtige Slowakin, die an allen großen Opernhäusern dieser Welt zu Hause ist, hat sich vor allem mit einem Repertoire in die erste Reihe jener Sängerinnen und Sänger gestellt, die ihre funkelnden sängerischen Perlen in der Belcanto-Schmuckschatulle finden und damit einen leuchtenden Glanz verbreiten. Edita Gruberová führt die Riege seit Jahrzehnten an. Natürlich sind dafür lyrische und zugleich dramatische Emotionen, dynamische Steigerungen, mitteilsame Sensibilität und gestochene Klarheit im vokalen Ausdruck vonnöten, sicheres Stilgefühl und eine souveräne Tongebung sowieso. Fast alles kann Edita Gruberová auch noch heute mit über 60 unter Beweis stellen.

Im Nikolaisaal war ein Konzert zu erleben, in dem die Gruberová sich mit großer Leidenschaft für die von Veranstaltern oftmals geschmähte Liedkunst vorbehaltlos einsetzte. Da spürte man, mit welcher Steigerung sie sich in die Dramaturgie eines Konzertabends begab. Zunächst ging es mit vier italienischen Canzonen von Franz Schubert noch ruhig zu, mit Liedern von Liebes- und Todessehnsucht. Fast vibratolos und im klangvollen Piano sang sie die erste Canzone „Nähere dich nicht der Urne“, um das gespenstische Stimmungsbild einen matt schimmernden Ausdruck zu verleihen, doch auch das leicht dahinschwebende Stück „Von diesem Antlitz lernte ich“ bekam durch ihre Interpretation ganz eigene Nuancen.

Jedes der Lieder wurde bei der Sopranistin zu einer Oper in Miniaturausführung, ohne Effekthascherei. „Meine Ruh ist hin“, das Schubert aus Goethes „Faust“ entnahm, gab sie mit berührend-bewegendem Ausdruck. Die Leidenschaftlichkeit und das naive Liebes-Vertrauen, mit denen sich Gretchen dem Doktor Faust zuwendet, wurde zu einem musikalischen und emotionsgeladenem Erleben par excellence.

Der Begleiter am Klavier, Alexander Schmalcz, verstand es großartig mit seiner Partnerin gemeinsam zu phrasieren und Spannungsbögen aufzubauen, kurz: den Eindruck einer zielgerichteten und dennoch ungekünstelten Interpretation zu vermitteln. Das tat auch den Liedern von Hugo Wolf nach Gedichten von Eduard Mörike überaus gut, die Edita Gruberová mit leichtem glockigem Ton gab. Neben den schwärmerischen Piecen wie „Weylas Gesang“ und „Er ist’s“ konnte man auch den köstlichen Humor der Sängerin in den zarten Wolf-Liedern genießen, so bei „Zitronenfalter im April“, „Elfenlied“ oder „Mausfallensprüchlein“.

Zum Abschluss des umjubelten Konzerts stand Richard Strauss mit „Ich wollt' ein Sträußlein binden“, „Säusle, liebe Myrte“ und „Als mir Dein Lied erklang“ auf dem Programm. Hierbei konnte sie ihre Stimme, die in der Höhe auch einige unschöne Töne hervorbrachte, voll entfalten. Doch die verinnerlichte Gestaltung machte dabei vieles wett. Klaus Büstrin

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