Kultur: „Mittelalter zieht immer“
50 Exkursion 2011 mit der Urania: Zu den Saliern nach Speyer oder zu den Pyramiden nach Ägypten
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Wer Karten für die Semperoper in Dresden haben möchte, muss Frühaufsteher sein. Oder er verlässt sich auf die Urania. Die hat ihre Netze europaweit ausgeworfen, um Raritäten zu kapern. Wie jetzt für „Coppelia“, dem Ballett von Léo Delibes, das am 10. Februar in der Oper an der Elbe zu sehen ist und für das es noch Restkarten gibt. Wenn die Urania in diesem Jahr erneut 50 Mal zu Exkursionen aufbricht, weiß der „Pilger“, dass für ihn ein Kulturpäckchen geschnürt ist, das die Reise zu einem vielfältigen Genuss werden lässt. So wird er in Dresden auch nicht nur in die Zauberwelt der zu Leben erweckten Puppe Coppelia eintauchen, sondern auch die Welt der Romantik berühren, die sich einst im Kügelgenhaus in der Begegnung großer Zeitgeister spiegelte.
Der Verein, der sich dem Slogan „Wo Bildung zum Erlebnis wird“ verschrieben hat, fährt aber noch viel weiter auf der Zeitschiene zurück: mit erhellendem Blick durch die Landschaft. Denn schon die Busfahrt ist Bildungsfahrt. Und die geht im Oktober bis zu den Saliern, der mittelalterlichen deutschen Kaiserdynastie, die in einer Sonderausstellung in Speyer auch aus Potsdam ihre Aufwartung erhält. „Mittelalter kommt immer an“, weiß Axel Blum, der sich seit 20 Jahren um die Exkursionen kümmert. „Man könnte natürlich auch einen Vortrag halten und Dias über die Kaiser zeigen, aber es ist doch viel spannender zu schauen, was an den Orten ihres Wirkens für Spuren zu finden sind“, sagt der bildunsgbeflissene Mann, dessen Arbeitsplatz ganz Europa ist und der 150 Tage im Jahr reist. Über Müdigkeitserscheinungen klagt er bislang noch nicht. „Obwohl man nach einer Tour oft zwei Tage braucht, um die angespannten Nerven zu beruhigen.“ Schließlich ist er der Mann für alle Fälle: geistiger Kopf ebenso wie Krankenpfleger, wenn es Not tut. „Es passieren immer Unwägbarkeiten.“
So ist es auch, wenn teure Karten in Vorkasse gekauft oder Fernreisen angesetzt werden. „Mal rennen uns die Leute die Bude ein, dann ist wieder Schweigen im Walde. Man weiß nie, woran man ist. Doch meist lassen sich 90 Prozent unserer Exkursionen realisieren.“ Es sind nicht immer Schnäppchenpreise, die dafür zu zahlen sind. Doch der Verein muss sich fast alleine tragen, bekommt vom Bildungsministerium jährlich nur 12 000 Euro für Vorträge und Kurse. „Die Urania ist ein sich selbst finanzierender Bildungsträger und kein caritativer Verein“, betont Karin Flegel, die Geschäftsführerin. Auch sie begleitet wie andere Urania-Mitarbeiter immer mal wieder einen Ausflug – ganz nach eigener Interessenslage. Und in diesem Jahr hat sie für den Mai die Architektur und Mythologie an der türkischen Ägäis auserkoren. Es kommen aber auch Vorschläge von den Mitgliedern. Für 2012 steht Armenien und Georgien auf deren Wunschliste. Dieses Jahr geht die wohl weiteste Reise nach Ägypten. Am 28. Januar startet der Flieger nach Kairo und dann geht es Nil abwärts von Assuan bis Alexandria: Tempel, Pyramiden, fruchtbare Landschaften und Wüste im 14-tägigen Kontrastprogramm.
Exkursionen haben in der Urania Tradition, „schon seit den 20-er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren sie in unseren Vorgängereinrichtungen beliebt“, weiß Axel Blum, der Garteningenieur, zu berichten. In den Urania-Verein zieht es vorrangig das ältere Semester: „Wenn man Zeit hat, über seine Interessen nachzudenken. Und das ist in der Regel, nachdem auch die Enkel ,durch sind’ und die Rente bevorsteht. Da fällt einem ein, was man schon als junger Mensch spannend fand, aber immer beiseite schob“, so Axel Blum. Wer es sich dann auch noch leisten kann, findet oft den Weg zur Urania, die seit Jahren auf eine stabile Mitgliederzahl von 620 Geschichts-, Kultur- , Architektur- und Garteninteressierten baut.
Schon jetzt plant Axel Blum das Silvesterkonzert, das diesmal in Linz angestimmt wird: In der ersten Konzerthalle am Platz, dem Brucknerhaus. „Operetten-Remmidemmi ist nicht so unser Ding“, sagt Karin Flegel, die sich mit Gustav Mahlers „Sinfonie der Tausend“ im Gewandhaus Leipzig noch einen weiteren Favoriten ins Exkursionsprogramm schrieb. Und sicher mit ihrer Vorfreude auf den 29. Mai nicht alleine steht. Heidi Jäger
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