Kultur: Monteverdi und Kollege Weill
Die Sopranistin Stefanie Wüst singt ab morgen in zwei Musiktheaterproduktionen des Hans Otto Theaters in Sanssouci
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Die Sopranistin Stefanie Wüst singt ab morgen in zwei Musiktheaterproduktionen des Hans Otto Theaters in Sanssouci Von Klaus Büstrin Die bedeutenden Komponisten der Musikliteratur, Claudio Monteverdi und Kurt Weill, suchten sich als literarische „Partner“ Größen der Weltliteratur, un- ter anderen Torquato Tasso und Bertolt Brecht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass eine sensible Behandlung der Sprache bei beiden Komponisten in ihren Musiktheaterstücken oberste Priorität hat. Das Interesse der Sängerin Stefanie Wüst gilt dem Wort, dem klingenden Wort. „Singen ist für mich Sprechen auf verschiedenen Tonhöhen, auf einer erhöhten Ebene“, sagt die Sopranistin. Sie will eine singende Erzählerin sein, bei der viele Facetten menschlicher Emotionen zum Tragen kommen. Und da sind ihr Claudio Monteverdis „Il Combattimento di Tancredi e Clorinda“ und „Die sieben Todsünden“ von Kurt Weill für ihre künstlerische Arbeit außerordentlich genehm. Ein Experiment nennt das Hans Otto Theater sein Musiktheater-Vorhaben, das am morgigen Freitag im Schlosstheater im Neuen Palais Premiere hat. Als Regisseur wurde Gisbert Jäkel verpflichtet, der mit seiner Inszenierung von „Krieg und Frieden“ in der Französischen Kirche für viel Furore sorgte. Wolfgang Katschner dirigiert die Lautten-Compagney sowie die Kammerakademie Potsdam, deren Musiker zwischen historischen und modernen Instrumenten wechseln. Die beiden Musiktheaterstücke trennen mehr als drei Jahrhunderte. Monteverdi schrieb das „Combattimento“ im Jahre 1624, Weill die „Todsünden“ 1933. „In dem Werk des 20. Jahrhunderts möchte das Mädchen Anna in den großen Städten viel Geld verdienen. Auf dem Weg zum Wohlstand gerät sie ständig in einen Zwiespalt mit sich selbst, bei dem Verstand und Gefühl in Konflikt geraten“, erzählt Stefanie Wüst. Bei Monteverdi treffen der normannische Kreuzritter Tancredi und die sarazenische Heldin Clorinda in einem Zweikampf zusammen, die er liebt, aber erst erkennt, als er sie tödlich verwundet hat und ihr den Helm löst. „Auch in diesem Stück geraten die Protagonisten in einen tiefen Konflikt mit sich und ihren Mitmenschen.“ Von all ihren Seelenzuständen erzählt die edle und klare Musik Monteverdis. Es werden natürlich auch sehr erregende Klänge geben, die nicht immer nur schön sein können“, so Stefanie Wüst. Für die Sängerin ist es das erste Mal, dass sie in einem Monteverdi-Stück mitwirkt. Die Clorinda ist zwar keine sehr umfangreiche Partie, aber die „paar Takte Musik“ seien derart faszinierend, dass sie sich gleich nach der Premiere auch weiterhin intensiv mit dem italienischen Barockkomponisten beschäftigen will, und sei es zunächst nur zur eigenen Freude. Mit der Musik Kurt Weills ist die Sopranistin schon seit mehreren Jahren bestens vertraut. Bereits 1983 war sie in der Jürgen Flimm-Inszenierung der „Dreigroschenoper“ am Kölner Schauspielhaus zu sehen, in einer kleinen Rolle, als Hure. In der berühmten Domstadt am Rhein studierte sie an der Musikhochschule bei dem Bariton Claudio Nicolai. „Ich bin zwar ein hoher Koloratursopran, doch habe ich mich nicht nur für die entsprechenden Fachpartien interessiert, sondern auch für das Lied, für das Chanson von Kurt Weill, Hanns Eisler oder Friedrich Hollaender.“ Also für die gesamte Bandbreite der Musikstile. Und somit absolvierte sie Meisterkurse bei der Sopranistin Edith Mathis, die vor allem bei Bach oder Mozart zu Hause ist, und bei der Schauspielerin und Chansonsängerin Gisela May. Die berühmte Diseuse hat ihr auch Mut gemacht, sich in Potsdam für den Monteverdi-Weill-Abend zu bewerben. Denn sie ist überzeugt von dem gesanglichen und gestalterischen Können Stefanie Wüsts. Sie entwickelte ein regelrechtes Faible für den in Dessau geborenen Weill. 1989 gründete sie das KURZWEIL-Ensemble. Natürlich wurde in dieser Formation in erster Linie Weill musiziert, sie produzierte ihre erste CD, tritt in Konzerten in vielen Ländern Europas auf, unter anderen im Concertgebouw Amsterdam. Und immer wieder mit Kurt Weill. Am Anhaltinischen Theater Dessau war sie in mehreren Spielzeiten die Fennimore in dem selten gespielten Weill-Stück „Der Silbersee“, für das Georg Kaiser den Text schrieb. Beim Kurt-Weill-Fest Ende des Monats in der Bauhausstadt wird die Sängerin Schülern den bedeutenden Komponisten Dessaus vorstellen. „Solche Programme sind mir sehr wichtig, denn wie sonst sollen die jungen Leute die großen Komponisten und Dichter kennen lernen.“ Stefanie Wüst wollte schon immer auf die Bühne. „Schauspielerin wollte ich werden. Aber in der Schule sagte man mir, weil ich immer so phantasievolle und lustige Kleider trug, studiere doch Kostümbildnerin. Nun ich dachte, das ist auch ein Weg, um ans Theater zu kommen. An der Münchener Staatsoper bewarb ich mich als Kostümassistentin. Dort wurde ich auch genommen. Eines Tages hörte mich eine Sängerin in der Färbekammer aus voller Kehle singen. Du hast eine wunderbare Stimme, war ihre Einschätzung.“ Sie riet ihr, Gesangsunterricht zu nehmen. „Sie wissen ja nun, was daraus geworden ist“, sagt Stefanie Wüst. Ja, man hat es mehrfach gern gehört und gesehen. Und morgen wieder in Sanssoucis Schlosstheater.
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