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Kultur: „Mozart ist luftig, Beethoven erdig“

Die Violinistin Hélène Schmitt ist wieder in Potsdam – dieses Mal spielt sie Mozart und Beethoven

Stand:

Frau Schmitt, vor zwei Wochen ein Konzert im Schlosstheater, morgen spielen Sie im Kammermusiksaal Havelschlösschen Mozart, Haydn und Beethoven. Da entsteht der Eindruck, Potsdam ist für die französische Violinistin Hélène Schmitt die neue musikalische Heimat.

Nein, nein, das ist nur Zufall. Bei dem morgigen Konzert werde ich aber nur Mozart und Beethoven spielen. Das Stück von Haydn ist für Hammerklavier solo, das an diesem Abend Beni Araki spielt.

Mozart und Beethoven, zwei Komponisten, die in ihrer Musik doch sehr gegensätzlich sind. Beethoven hat Mozart sehr verehrt, hätte ihn auch gern persönlich kennengelernt. Doch erst 1792, ein Jahr nach Mozarts frühen Tod, reiste er nach Wien.

Ja, Beethoven war ein großer Bewunderer Mozart. Er hat sogar gesagt: Ach, wenn ich nur einmal ein Stück so gut wie Mozart komponieren könnte.

Schwer zu glauben, wenn man die Musik der beiden hört.

Wir spielen Beethoven-Sonaten aus seiner Jugend und von Mozart aus seinen letzten Jahren. Dazwischen liegen nur 15 Jahre. Aber was da passiert ist! Wir wollen zeigen, wie einzigartig und eigen Beethovens musikalische Sprache da schon war.

Vor allem eine neue musikalische Sprache?

Ja, und auch mit einem völlig anderem Gefühl. Wild und auch ungestüm. Schon zu Monteverdis Zeiten gab es bei den Franzosen und Italienern diesen Grundsatz, alle Gefühle, alle Leidenschaften des Lebens in der Musik aufzuzeigen. Beethoven aber hat mit seinen Kompositionen eine weitere Stufe beschritten. Seine Gefühle sind härter, brüchiger, auch bitterer und nicht so stilisiert. Vielleicht einfach menschlicher.

Von zeitgenössischen Musikliebhabern hat Beethoven sehr viel Kritik einstecken müssen. War er zu radikal?

Das ist schwer zu sagen. Aber er war schon radikal. Allein seine Tempi, das muss wie ein Erdbeben gewirkt haben. Obwohl Beethoven es sehr selten gemacht hat, konnte er wunderschöne Melodien schreiben. Aber das ist so ein Unterschied zu Mozart. Der konnte Melodien ohne Ende schreiben. So graziös, auch so traurig, aber immer so leicht.

Und Beethoven?

Beethoven wollte das nicht so unbedingt. Er wollte Harmonien, dachte harmonisch und war darin sehr visionär. Ich glaube, er wollte immer etwas Neues, wollte experimentieren. Mozart hat das auch gemacht. Aber nicht mit diesem absoluten Willen eines Beethovens. Diese Konzentration auf den Willen und das Schaffen war schon sehr extrem bei Beethoven.

Also ein deutlich hörbarer Epochenbruch zwischen Mozart und Beethoven?

Ja, aber es gibt trotzdem viele Verbindungen zwischen den Komponisten. Es ist ein Bruch im Konzept, im Verständnis von Ästhetik. Die Mozart-Ästhetik findet man dann beispielsweise bei Schubert wieder, dieses Grazile in den Melodien.

Sind Sie als Musikerin bei der Auseinandersetzung mit den beiden scheinbaren Antipoden Mozart und Beethoven immer auch auf der Spurensuche nach den Gemeinsamkeiten?

Immer. Das geht schon mit dem Bogen los. Bei Mozart gibt es eine besondere Leichtigkeit. Keine Leichtigkeit der Gefühle, sondern in der Art, diese zu spielen. Das braucht eine sehr flexible Bogenführung, denn Mozarts Musik funkelt die ganze Zeit, die Affekte sind so flüssig. Das ist wie ein langes Lachen. Dann reichen ihm drei Takte, schon weint man. Beethovens Musik funkelt auch, aber nicht in der gleichen Art. Seine Musik braucht mehr Kraft, da ist mehr Schwere spürbar. Mozart ist luftig, Beethoven erdiger, doch trotz dieser Unterschiede gibt es die Parallelen.

Ist es schwierig, innerhalb eines Konzertes von Mozart auf Beethoven sozusagen umzuschalten.

Nein, das ist in mir drin. Da muss der Bogen sprechen, die Feinheiten aufzeigen, damit das Publikum nicht denkt, man spielt den ganzen Abend immer nur den gleichen Komponisten.

Das Gespräch führte Dirk Becker

Hélène Schmitt  spielt zusammen mit Beni Araki morgen, ab 20 Uhr, im Kammermusiksaal Havelschlösschen, Waldmüllerstraße 3. Der Eintritt kostet 25 Euro, Kartenreservierung unter Tel.: (0331) 748 14 96

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