Von Klaus Büstrin: Mozart singen – eine Königsdisziplin Die Sopranistin Jutta Böhnert singt ab heute am Hans Otto Theater die Konstanze
Die Nachmittagssonne des Frühherbstes genießen: Man sitzt auf den Stufen vor dem Bühneneingang des Theaters im Neuen Palais. Mitarbeiter der Technik, Musiker und Sänger.
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Die Nachmittagssonne des Frühherbstes genießen: Man sitzt auf den Stufen vor dem Bühneneingang des Theaters im Neuen Palais. Mitarbeiter der Technik, Musiker und Sänger. In eineinhalb Stunden beginnt die Generalprobe für die Neuinszenierung der Mozart-Oper „Die Entführung aus dem Serail“, die heute Premiere hat. Eine entspannte Atmosphäre. Nichts von Hektik ist zu spüren. Auch bei Jutta Böhnert nicht. Dabei hätte sie bezüglich der sängerischen Anforderungen ihrer Partie, der Konstanze, nicht wenig Grund mit Lampenfieber behaftet zu sein. „Das kommt am Premierentag auf alle Fälle, ansonsten hängt es von der Tagesform ab“, sagt die Sopranistin. „Die wunderbare Probenzeit mit Regisseur Uwe Eric Laufenberg, dem Dirigenten Konrad Junghänel sowie den Sängerkollegen und Musikern von der Kammerakademie Potsdam ließ keinerlei ängstliche Unruhe aufkommen.“
„Die Entführung aus dem Serail“: Wolfgang Amadeus Mozart komponierte das Singspiel wie im Rausch. Er heiratete ja drei Wochen nach der Uraufführung im Juli 1782 Konstanze, deren Name die „Entführungs“-Musik geradezu anhimmelte. Und er hat bei der Komposition wohl auch an die „geläufige Gurgel“ seiner damaligen Primadonna Caterina Cavalieri gedacht, die eine Ausnahmekünstlerin gewesen sein muss. „Ja, die Partie mit der extremen Höhe benötigt viel Kraft und natürlich stimmliche Sicherheit“, sagt Jutta Böhnert. Einer der musikalischen Höhepunkte ist die Arie „Marter aller Arten“, in dem sie dem Haremsbesitzer Bassa Selim, der sie in die für sie fremde Welt des Orients entführt, erklärt, dass ihr die Schmerzen, die er ihr bereiten will, nichts anhaben können. Die gesamte Arie mit ihren vertrackten Koloraturen und ihren weiten lyrischen Bögen steht im schattenlosen C-Dur. Jutta Böhnert ist, obwohl sie in der Inszenierung des Hans Otto Theaters erstmals die Konstanze singt, mit der „Entführung“ gut vertraut. Mit dem Ensemble des Opernhauses Halle hat sie im Goethe-Theater Bad Lauchstädt das Blondchen gesungen.
Die Sopranistin ist den Potsdamern und den Opernbesuchern des Schlosstheaters durch ihre eindrucksvolle darstellerische und musikalische Präsenz der Fiordiligi in „Cosi fan tutte“ in sehr guter Erinnerung, die in den vergangenen zwei Jahren im Rahmen der Potsdamer Winteroper zu sehen war. Dabei waren auch Uwe Eric Laufenberg und Konrad Junghänel als Regisseur beziehungsweise Musikalischer Leiter. Und beide schätzt sie wegen ihrer völlig unverkrampften Arbeitsweise. „Es macht einfach Spaß. Dazu fühle ich mich als Sängerin von Junghänels Dirigat wie auf Händen getragen“, bekundet sie ihre Sympathien für die beiden Künstler.
Jutta Böhnert als Mozartsängerin – das bedeutet wunderbare Eleganz und Schmiegsamkeit, leuchtende Klarheit und echte Beseelung jeder Melodienphrase. Aber die Sopranistin möchte natürlich nicht nur auf den Salzburger Meister fixiert sein, obwohl die Gestaltung seiner Partien immer noch zur Königsdisziplin einer Sängerin und eines Sängers gehören. Auch zur Kunst Georg Friedrich Händels und anderer Barockkomponisten pflegt Jutta Böhnert ein inniges Verhältnis. So hat sie beispielsweise bei den Händel-Festspielen Göttingen bereits mit Konrad Junghänel in einer Opernaufführung zusammengewirkt.
Ihre gesangliche Ausbildung erhielt sie bei der renommierten Sopranistin Sylvia Geszty, die an der Musikhochschule Stuttgart lehrt. Nach Abschluss des Studiums ging die in Baden Baden Geborene unter anderen an die Opernhäuser Nürnberg, an das Staatstheater Kassel und an das Landestheater Salzburg, wo sie ein breites Repertoire kennenlernen konnte, von der Gretel in Humperdincks Märchenoper bis zu Verdis Gilda in „Rigoletto“. „Obwohl ich während der festen Engagements viel lernte, sehr oft auf der Bühne stand, dabei immer mit der Stimme und der szenischen Gestaltung souveräner umzugehen pflegte wollte ich aber als freie Sängerin arbeiten, Angebote wählen, die mir Spaß machen und mich als Sängerin weiterbringen“, sagt die Künstlerin. Längst mit vielfältigen Aufgaben im Opern– und Konzertfach im In-und Ausland betraut, gehört Jutta Böhnert zu den Sängerinnen, die von Regisseuren und Dirigenten immer wieder gern verpflichtet werden, weil sie in ihrer natürlichen Art den Partien singend gestaltend und gestaltend singend gerecht zu werden vermag.
Laufenberg wird als Intendant der Kölner Oper ab Spielzeit 2009/10 die Sängerin mit einigen Rollen an sein Haus verpflichten, so als Pamina, Micaela und als Sophie.Und auf die zuletzt genannte Partie hat sie in ihrem bisherigen zehnjährigen Sängerleben schon immer gewartet. Nun wird dieser Wunsch in Erfüllung gehen. Die Potsdamer können Jutta Böhnert neben der Konstanze in einem Konzertabend am 9. November im Schlosstheater bewundern. Mit Liedern von Robert Schumann, Richard Strauss und Alban Berg wird sie eine weitere Facette ihrer Kunst vorstellen.
Premiere heute, 19 Uhr, Schlosstheater im Neuen Palais; Koproduktion zwischen Hans Otto Theater und der Kammerakademie Potsdam
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