„Nussknacker“-Ballett im Nikolaisaal: Mühelose Eleganz und weite Sprünge
Kein Weihnachten ohne Nüsseknacken. Und auch keine Festzeit ohne jenen Nussknacker, den Peter Iljitsch Tschaikowsky in seinem gleichnamigen Ballett unsterblich gemacht hat.
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Kein Weihnachten ohne Nüsseknacken. Und auch keine Festzeit ohne jenen Nussknacker, den Peter Iljitsch Tschaikowsky in seinem gleichnamigen Ballett unsterblich gemacht hat. Als nachträgliches Weihnachtsgeschenk war er am Dienstag zu den kleinen und großen Potsdamer Ballettfreunden gekommen. Und zwar als poetisches Präsent vom Russischen Staatstheater für Oper und Ballett der Republik Komi, deren Verwaltungszentrum Syktyvkar mit seinen 230 000 Einwohnern etwa 1 500 Kilometer nordöstlich von Moskau entfernt liegt.
Begonnen und nunmehr auch beendet wurde die mehrwöchige Tournee der hervorragend trainierten Balletttruppe aus Komi im ausverkauften Nikolaisaal, dazwischen lagen dreißig weitere Aufführungen vom „Nussknacker“ und „Schwanensee“. Die Prospekte waren ausgerollt, das Podium in eine stimmungsvolle Theaterbühne verwandelt. Bereits mit den ersten Klängen, die allesamt aus einer erstaunlich klangvollen Boxenanlage tönten, konnte man sich in jene deutsche Kleinstadt des 19. Jahrhunderts träumen, wo Kinder im Hause der Familie Stadelmann auf die Bescherung warteten. Zuvor tanzten sie sich an der Hand ihrer Eltern erwartungsfroh an den Ort des Geschehens. Platz hatten sie genug, denn auf Requisiten wurde weitgehend verzichtet. So konnten die Tänzer ungehemmt ihr künstlerisches Vermögen zeigen und den unverwüstlichen Balletthit in einer weitgehend traditionellen Aufführung nach der legendären Choreografie von Marius Petipa/Lew Iwanow darbieten.
Das klassisch-akademische Exercise beherrschten alle aus dem Effeff, was sie erfreulicherweise nicht dazu verführte, in gefälligen Posen zu erstarren. Stattdessen erzählten sie das Märchen um Nussknacker und Mäusekönig nach E.T.A. Hoffmann lebendig und ausdrucksstark, voller federleichter Eleganz. Und selbst der zweite Akt, der als Divertissement aus aneinandergereihten Soli, Pas de deux und Ensembles besteht und nur zur Vorführung von brillant beherrschter Tanztechnik dient, erhielt plötzlich eine persönliche, poetische Aussagekraft. Hände und Füße erhielten dabei Rederecht, selbst das Lächeln der Tänzer entbehrte jeder feinfrostigen Attitüde. Die farbenfrohen, edlen Kostüme im historischen Biedermeierschnitt taten ihr Übriges.
Im Mittelpunkt der Handlung stand Marie, die in der Primaballerina Natalja Suprun eine anmutige Verkörperung fand: Sie begeisterte mit brillanten Drehungen und eindrucksvollen Luft- und Bodensprüngen. Als Herr des Geschehens erwies sich Roman Mironow als Patenonkel Drosselmeier, der die Kinder mit Spielzeugpuppen beschenkte und diese mit viel Bühneneffekt in richtige Menschen verwandelte. Wie den Nussknacker (Andrej Potapow), der sich mit seinen Nussknacker-Soldaten eine spannende Schlacht mit dem Mäusekönig und seinem Heer lieferte. Nach all den Aufregungen schläft Marie ein und träumt sich einen Märchenprinzen (Rinat Bikmuchametow) herbei. Aussagestark ist dessen Körpersprache, mühelos die raumgreifenden Drehungen, Sprünge mit nachschlagendem Fuß und federleicht wirkenden Hebungen. Dann geht es gemeinsam in das Land der Süßigkeiten. Nach der Apotheose und Drosselmeiers pantomimischem Abgang brandet der Jubel. Peter Buske
Peter Buske
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