Kultur: Musik aus Gorbatschows Heimat
Ein Revolutionär der Balalaika: Andreij Gorbatschow
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„Kalinka“, „Katjuscha“ und „Stenka Rasin“ – man hat diese ungemein populären russischen Volksmelodien sofort im Ohr, wenn von der Balalaika die Rede ist. Leo Tolstoi verglich ihren Klang mit dem einer zärtlichen Frauenstimme: „Wenn man den Klang der Balalaika aus der Ferne vernimmt, entsteht eine absolute Illusion von Gesang. Saitenschläge in unmittelbarer Nähe lassen den Anschlag der Finger hören – ein Eindruck, der mit wachsender Entfernung schwindet. Aus der Ferne allein werden wir einen klaren und melodischen Klang hören.“ Doch es lohnt sich durchaus, dieses eigentümliche dreieckige und lediglich dreisaitige Zupfinstrument mit dem langen Hals aus der Nähe zu betrachten. In der Reihe „Klassik am Sonntag“ gilt ihm am Nachmittag des 22. Februar besondere Aufmerksamkeit.
Anders als in Zentraleuropa zählt die Balalaika heute in Russland zu den klassischen Konzertinstrumenten. Das Studium der Balalaika ist dabei sehr umfassend. Die Studenten werden auf der Basis der europäischen und russischen Klassik ausgebildet. Auch an der renommierten Gnessin-Musikhochschule in Moskau existiert eine Balalaika-Klasse, aus der schon so mancher Virtuose hervorgegangen ist. Zu ihren führenden Vertretern zählt heute der 1970 im russischen Woronesch geborene Andreij Gorbatschow.
Wie kein anderer vor ihm hat der in Moskau lebende Virtuose das konzertante Spiel auf der Balalaika revolutioniert und dieses Instrument in den großen Konzertsälen Russlands „salonfähig“ gemacht. Sein Spiel verzückte schon die englische Queen – mehr als 30 Länder hat der Musiker mit den flinken Fingern inzwischen konzertierend bereist. Gorbatschow ist mehrfacher Erster Preisträger wichtiger Wettbewerbe für Saiteninstrumente. So gewann er 1993 den Andreew-Wettbewerb in St. Petersburg und wurde gleichzeitig als bester Balalaika-Spieler Russland ausgezeichnet. Dieser Wettbewerb erinnert an den legendären Virtuosen Wasilij Andreew (1861-1918), der sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts für eine Wiederentdeckung und Weiterentwicklung der Balalaika einsetzte und für sein Spiel weit über Russland hinaus berühmt wurde. Er gründete zudem zahlreiche Balalaikaorchester und schrieb speziell für sein Instrument etliche Kompositionen.
Bei seinem Auftritt im Nikolaisaal wird uns Andreij Gorbatschow nicht nur mit einer der (verständlicherweise) zahlreichen Bearbeitungen für Balalaika und Orchester (Paganinis „Carnevale di Venezia“) erfreuen, sondern mit einem veritablen Originalwerk seines Landsmanns Nikolai Budaschkin (1910-1988). Dessen Konzert für Balalaika und Orchester über russische Volksliedthemen entstand 1946 und bietet einem virtuosen Saitenzauberer wie Gorbatschow reiche Entfaltungsmöglichkeiten. „Bescheiden im Gespräch – ein Löwe auf dem Podium“, so charakterisiert ihn die Presse. Das Publikum fühlt sich regelmäßig vom entfesselten Spiel dieses russischen Löwen zu Beifallsstürmen hingerissen.
Passend ergänzt wird der Auftritt Gorbatschows mit Werken russischer Provenienz. Die Brandenburger Symphoniker spielen unter Leitung Michael Helmraths die Ouvertüre zu Michail Glinkas „Ruslan und Ludmila“ sowie Alexander Borodins „Steppenskizze aus Mittelasien“.
Astrid Weidauer
22. Februar, 16 Uhr, Großer Saal: Klassik am Sonntag
Astrid WeidauerD
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