Kultur: Musik erfinden und gestalten
„Jugend komponiert“ in Potsdamer Erstaufführungen
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Es war ein heftiges Schwanken zwischen Enttäuschung und absolutem Glühen für Neue Musik, das die Begrüßungsworte von Andrea Conrad, Vizepräsidentin des Landesverbands Brandenburg im Deutschen Tonkünstlerverband, beim Abschlusskonzert der „Potsdamer Tage der Neuen Musik für Kinder“ am Donnerstag beherrschte. Das war angesichts der wenigen Zuhörer verständlich, und rechnet man ein, dass zu den Konzerten als Hauptwerk die Uraufführung von Gisbert Näthers Oper „Der schwarze Schwan und das Mondsichelmädchen“, treten sollte, vom Hans Otto Theater wegen Überlastung abgelehnt, wird es fast bitter. Andererseits glänzte auch die Riege der Potsdamer Komponisten mit Abwesenheit, was wiederum ärgerlich ist.
Als ambitioniertes Projekt der Vereinigung für genreverbindende Kunstprojekte e.V. wurde das kleine Festival u.a. vom Deutschen Tonkünstlerverband, Landesmusikrat Brandenburg und vom Brandenburgischen Kulturministerium unterstützt. Die IHK Potsdam stellte ihren Saal kostenfrei zur Verfügung – übrigens für Conrad „der schönste Raum für moderne Musik in Potsdam überhaupt“.
Hier präsentierten sich fünf Preisträger des Wettbewerbs „Jugend komponiert – Musik erfinden und gestalten“ in einer verkürzten Wiederholung des Preisträgerkonzerts der Musikakademie Rheinsberg. Ihre Werke sind Ergebnisse von Wettbewerb und Kompositionswerkstatt 2008, die in der Ausschreibung die Besetzung Violine und Klavier vorgegeben hatten und an denen Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 25 Jahren sich beteiligen konnten. Es war höchst interessant, in welch unterschiedlicher Manier diese kammermusikalische Minimalbesetzung von den jungen Komponisten angegangen wurde.
Die eingangs gespielte „Kleine Melodie“ von Tim Führer (17 Jahre) erwies sich als klangvolle Miniatur, leicht melancholisch, fast ein bisschen konventionell in ihrer durchschaubaren, klaren Textur. Das folgende Werk des 20-jährigen Azis Lewandowski mit dem Titel „nachtwache“ zeigt deutlich mehr Gestaltungswillen: leise beginnend mit intensiv gestrichenen Tönen der Violine im Pianissimo, dissonantenreich, die Stimme der Interpretin einbeziehend, mit heftigen Pizzicati, Klopfen auf dem Klavier zeichnete es ein zerklüftetes Klangbild, das die Spannung bis zum leise verklingenden Saitenstrich unvermindert hielt.
Auch Niklas Heides „Zeitgeist“ ist durchaus ein Werk von hoher Intensität und Klangdichte. Der 18-Jährige scheut sich nicht, auch der Schönheit im Farbton der beiden Instrumente Raum zu geben, freilich nicht ungebrochen im Schwanken zwischen elegischen und rhythmisch akzentuierten Passagen. Der gleichaltrige Kaspar Querfurth gestaltet mit „Einschluss“ ein beunruhigendes Szenario in den aneinandergereihten, oft abgerissenen Motivfetzen quer durch alle Lagen, den dahinpurzelnden Tönen, kraftvollen dissonanten Akkorden und immer wieder auftauchenden elegisch-langgehaltenen Tönen der Violine. Bei Marcus Merkel (17 Jahre) und seinem „Toning and Sets I“ ist der Wille zum Interessanten, zum Zeichnen eines variantenreichen Klangbilds deutlich spürbar. Ein handwerklich durchaus versierter Umgang mit dem Material, ein wenig aber noch zu disparat, zumindest nach dem ersten Höreindruck.
Einer besonderen Erwähnung wert sind die beiden Interpretinnen des Abends: Heather O“Donnel, Klavier, und Susanne Zapf, Violine, beide bekannt als Protagonistinnen Neuer Musik. Sie wussten in großer Sensibilität, den Kompositionen dieser jungen Künstler ihre Aufmerksamkeit zu schenken und überzeugten mit hoher Musikalität und feinfühligen Interpretationen. Christina Siegfried
Christina Siegfried
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