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Kultur: Musik für die Augen

Den Künstlern der Ausstellung „Im Prinzip Bach“ in der Galerie Ruhnke dient der Barockmeister als Quelle der Inspiration

Stand:

Die Ausstellung in der Galerie Ruhnke eröffnet mit einem Porträt des Namensgebers: Das kleine Bildnis zeigt Johann Sebastian Bach als einen lebendigen Menschen – so wie er vielleicht heute ausschauen würde. Mit ihrer subtilen Darstellung, einer Kaltnadelradierung, gelingt es der Grafikerin Claudia Berg aus Halle, Bach in unsere Gegenwart hineinzutragen. Ganz dezent erinnert es an das bekannte Porträt des Thomaskantors aus dem 18. Jahrhundert und doch wieder nicht: Bach schaut mit durchdringendem Blick aus wachsam geöffneten Augen auf den Betrachter – es fehlen jedoch die Insignien seines Stands, das stolz vorgezeigte Notenblatt mit dem Rätselkanon.

Es ist das einzige gegenständliche Werk in der Ausstellung mit Bildern und Skulpturen von sieben zeitgenössischen Künstlern. Für sie alle bildete die Musik des Barockmeisters eine Quelle der Inspiration. Zugleich schlägt die kleine, feine Ausstellung mit dem Titel „Im Prinzip Bach“ das große Thema der Beziehungen zwischen den beiden Künsten an. In der Tat erscheinen die filigranen, beweglichen Gebilde von Susanne Ruoff wie Musik für die Augen. Sie zeichnet nicht nur die Vielschichtigkeit der musikalischen Linien nach, sondern setzt auch deren Flüchtigkeit originell ins Bild. Dass sie aus Holz gefertigt sind, sieht man den zarten Mobiles der Berliner Künstlerin nicht an. Selbst die stählernen Skulpturen von Karl Menzen vermitteln viel von der flüchtigen Bewegung einer Melodie. Die anmutigen, kleinen Plastiken und selbst die hohen Gebilde mit rostiger Patina besitzen viel energische Dynamik und tänzerische Leichtigkeit. Konstruktive Strukturen wie bei Bach’schen Kompositionen sind nicht erkennbar, vielmehr scheinen sie den Klang als solchen in sichtbare Materialität zu transzendieren.

Welch einen immensen Kosmos aus Klängen Johann Sebastian Bach erschaffen hat, erstaunte schon Ludwig van Beethoven, dem das Bonmot „Eigentlich müsste er nicht Bach sondern Meer heißen“ zugeschrieben wird. Daran erinnert die farbige Werkreihe in Mischtechnik von Jana Wilsky aus Notenblättern, die mit feinen Linien und Aquarellfarben in Blau- und Türkistönen übermalt sind. Auch die Serie „Sequenza“ der jungen Potsdamer Künstlerin, die selber lange musiziert und gesungen hat, setzt schwebende, träumerische Akzente. Partituren bilden auch den Ausgangspunkt für Ernst von Hopffgartens Radierungen. In Analogie zur musikalischen Grundstruktur von Variation und Wiederholung in Bachs Partiten legte er mehrere Druckplatten mit leichten Farb- und Helligkeitsänderungen übereinander. Dabei entstanden prägnante, vielschichtige graphische Variationen in schwarz-weißen Nuancen oder mit verhaltenen Farbtönen. Dass ihn die Musik von Bach häufig bei seiner Malerei begleitet, erklärt Jürgen Reichert, der wie die meisten anderen Künstler ein kleines Statement zur Ausstellung verfasst hat. Mit freien, organisch fließenden, farbigen Pinseltupfern und Farbfeldern eröffnen die Gemälde des Berliner Malers temperamentvolle Dialoge zur Musik und zum Leben schlechthin. Der in Berlin lebende Maler kam erst nach einem Studium der Germanistik, Philosophie und Politik zur Malerei. B. Kaiserkern

Zur Finissage der Ausstellung „Im Prinzip Bach“ in der Galerie Ruhnke, Charlottenstraße 122 gibt es am 3. Juli um 16 Uhr ein Konzert mit Musik von Bach, Piazzolla und mehr, die von Christine Paté auf dem Akkordeon gespielt wird. Eintritt frei

B. Kaiserkern

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