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Kultur: Musik war ihre Profession

Klaus-Rüdiger Mai stellt in Potsdam sein Buch „Die Bachs – eine deutsche Familie“ vor

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„Sein Lebenslauf ist einfach genug.“ So kann man über Carl Philipp Emanuel Bach im 1916 erschienenen Musiklexikon von Hugo Riemann lesen. Sodann werden die einzelnen Lebensstationen des Kammercembalisten des preußischen Königs Friedrich des Großen, des Hamburger Kirchenmusikdirektors und Komponisten genannt. Lexikalisch alles einwandfrei. Doch was sich hinter der biografischen Aufzählung verbirgt, ist es wert, näher beleuchtet zu werden. Der 300. Geburtstag von Carl Philipp Emanuel Bach am 8. März ist dafür eine gute Gelegenheit.

Auch Vater Johann Sebastians Leben war an äußeren spektakulären Ereignissen nicht sehr reich, wie beispielsweise das seines Kollegen Georg Friedrich Händel. Außerdem spielte es sich in einem engen geografischen Rahmen ab. Doch Johann Sebastian Bach ist der berühmteste Protagonist der Bachs. Sohn Carl Philipp Emanuel hat in unseren Breiten eine große Bekanntheit erfahren. Zu seinen Lebzeiten wurde er „der Bach“ genannt. Über die weit verzweigte Familie, die 300 Jahre europäische Musikgeschichte geschrieben hat, legte der in der Nähe von Zossen lebende Schriftsteller Klaus-Rüdiger Mai in seinem unlängst erschienenen Buch „Die Bachs – eine deutsche Familie“ (Propyläen Verlag 2013, 26,99 Euro) ein Porträt vor. Am morgigen Samstag wird Mai die Familienbiografie lesend und erzählend in der Friedenskirche Sanssouci vorstellen. Dazu spielt der Kirchenmusiker Matthias Jacob auf der Woehl-Orgel aus dem „Orgelbüchlein“, eine Sammlung choralgebundener Orgelstücken, aus der Feder von Johann Sebastian Bach.

Der Leser findet im Buch keine Analyse von Kompositionen und keine musikhistorische Abhandlung, obwohl Musik immer eine Rolle spielt. „Mein Anliegen ist, das Biografische, Faktische und Authentische zu hinterfragen und farbig zu erzählen“, sagt Klaus-Rüdiger Mai in einem Gespräch mit den PNN. „Keine Geschichte von Musikern wollte ich schreiben, sondern von Menschen, die Musiker wurden, und von der Zeit, in der sie lebten.“ In Mais Büchern über den Vatikan, Papst Benedikt XVI., Michail Gorbatschow oder über Geheimbünde hat er Menschen und ihre Zeit wunderbar lebendig werden lassen, die Quellen intensiv studiert, mit großem Wissen und mit leichter Hand geschrieben. Mit „Die Bachs – eine deutsche Familie“ hat Klaus-Rüdiger Mai eine faszinierende europäische Kultur-, Kirchen-, Geistes- und Zeitgeschichte vorgelegt.

Mai war es auch wichtig, von den Glaubensdingen der Bachs zu berichten. „Die Religion gehörte ja in früheren Jahrhunderten zum Bestandteil des Lebens. Heutzutage wird sie mehr als eine private Angelegenheit behandelt, oft nur ,nebenbei‘ praktiziert.“ Damals wurden Menschen in religiöse Spannungen integriert, weil der Glaube ihnen auch eine Stellungnahme abverlangte. Allzu oft gingen sie mit blutigen Auseinandersetzungen einher. So musste der Stammvater der Bachs, der Lutheraner Veit Bach, von Beruf Müller und Weißbäcker, wegen seines protestantischen Glaubens das katholische Oberungarn, heute die Slowakei, verlassen. Er ging als Glaubensflüchtling nach Thüringen. Mit ihm hat nicht nur Klaus-Rüdiger Mai den Auftakt zu seiner Familiengeschichte gegeben, sondern auch Johann Sebastian Bach in seiner ab 1935 verfassten Genealogie mit dem Titel „Ursprung der musicalisch-Bachischen Familie“. Der Thomaskantor wusste, dass auch sein Vorfahre Veit der Musik sehr zugetan war: „Er hat sein meistes Vergnügen an einem Cythringen (ein Lauteninstrument, Anm. d. Red.) gehabt, welches er auch mit in die Mühle genommen, und unter währendem Mahlen darauf gespielet. Es muss doch hübsch zusammen geklungen haben. Und dieses ist gleichsam der Anfang zur Music bey seinen Nachkommen gewesen “

Ein ganzes Netz von Musikern hat sich aus der Bachschen Dynastie entwickelt. Neben den vier Söhnen Johann Sebastians haben 17 Cousins sich vor allem im mitteldeutschen Raum als Kantoren, Hofmusiker, Stadtmusikanten ihren Lebensunterhalt verdient, teilweise in Spitzenstellungen. Wilhelm Friedemann Bach, der älteste Sohn Johann Sebastians, war als freischaffender Musiker wenig Erfolg beschieden.

Klaus-Rüdiger Mai geht auch auf die direkten Nachfahren der Familie Johann Sebastians ein, die man noch heute findet. „Wenn Familienmitglieder der Musik treu blieben, dann als Kantoren und Lehrer“, so Klaus-Rüdiger Mai. Doch den Rang in der Musikwelt, wie sie ihre Ahnen einnahmen, wird man vergeblich suchen. Für Mai ist es sicher: „Wenn es keinen Johann Sebastian Bach gegeben hätte, wäre die Geschichte dieser Familie niemals erzählt worden, denn die Bachs waren nicht die einzige große Musikerfamilie.“

Klaus-Rüdiger Mai stellt seine Bachbiografie am morgigen Samstag um 16 Uhr in der Friedenskirche Sanssouci, Am Grünen Gitter vor. Musikalisch begleitet ihn Matthias Jacob an der Orgel

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