Kultur: Musikalische Schwerathletik
Der Chor und das Orchester der Universität Potsdam lassen Beethovens „Missa solemnis“ im Nikolaisaal erklingen
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Ludwig van Beethovens „Missa solemnis“ (Feierliche Messe) gehört wohl zu den großartigsten Werken der Klassik und stellt immense Anforderungen an alle Mitwirkenden. Gerade deshalb bedeutet eine Aufführung immer wieder eine Art Meisterprüfung für alle Interpreten. Was sich in der 9. Sinfonie angekündigt hat, setzt sich hier in Form einer Messe fort: das Streben, in eine andere Dimension einzutauchen. Am Mittwoch, dem 2. Juli, werden Chor und Orchester der Universität Potsdam die „Missa solemnis“ im Nikolaisaal aufführen.
Beethoven selbst schreibt in seinem Konversationsheft: „Es ist ein Werk der Ewigkeit.“ Die „Missa solemnis“ darf als Beethovens musikalisches Glaubensbekenntnis betrachtet werden. Es ist davon auszugehen, dass der persönliche Kampf des Komponisten um das Göttliche in diesem Werk in Noten gesetzt wurde. So klingt diese Messe auch dramatischer als andere Kirchenmusik. Beethoven hat gegenüber seinem Freund Andreas Streicher gemeint, dass die Wirkung der Musik, die er sich erwartete, über den Kirchenraum hinausgehen sollte.
Sie wird auch selten in einem Gotteshaus musiziert. Jedenfalls haben sich der Oratorienchor Potsdam und die Potsdamer Kantorei nie mit der Messe beschäftigt. Nur die Singakademie Potsdam unter der Leitung von Horst Müller sang sie 1977 in der Bildergalerie Sanssouci. Das ist nun immerhin 37 Jahre her. Kristian Commichau, Professor für Chor- und Ensembleleitung an der Universität Potsdam, ein ausgesprochen vielfältiger Musiker, der abseits von Schubkästen immer wieder nach interessanten Projekten strebt, beschäftigt sich mit den von ihm gegründeten Ensembles, dem Universitätschor Campus cantabile und dem Orchester Potsdam Sinfonietta, seit geraumer Zeit mit dem Werk. „Man fragt sich natürlich, warum Beethovens Werk so selten in Konzerten erklingt. Einer der Gründe ist wohl, dass sie in ihrer Monumentalität jeglichen liturgischen Rahmen sprengt. Aber vor allem sind die technischen wie physischen Anforderungen, die hier besonders an die hohen Chorstimmen gestellt werden, besonders hoch, für manche Sängerin und Sänger sogar eine Zumutung.“ Teilweise haben sich Kristian Commichau und seine Uni-Ensembles musikalische Schwerathletik zugemutet. „Wir haben bereits im Februar in einem Test-Konzert Ausschnitte aus der Auftragskomposition des habsburgischen Erzherzogs Rudolph an Beethoven im Nikolaisaal musiziert. Ich glaube, es lief ganz gut. Und nun werden wir die gesamte Messe am 2. Juli in Potsdam singen. Am morgigen Freitag haben wir bereits eine Aufführung in der St. Nikolaikirche in Spandau.“
Unterstützung findet Commichau durch die „vocal-concertisten“ Berlin, durch Streicher der Kammerakademie Potsdam und Bläser des Landespolizeiorchesters nicht nur bei den Proben, sondern auch während der Konzerte. „Somit können die Studierenden die schwierigen Passagen, die jähen dynamischen Kontraste sowie die extrem schnellen Tempi viel lockerer angehen“, sagt Kristian Commichau. Die vier Solostimmen, oftmals werden sie von großen Opernstimmen gesungen, besetzte der Dirigent mit Sängerinnen und Sängern, die zum Teil Erfahrung in professionellen Rundfunkchören haben. Christina Roterberg (Sopran), Hildegard Rützel (Alt), Volker Arndt (Tenor) und Matthias Vieweg (Bass) sind zum Teil als geschlossenes Ensemble, als Solochor dem großen Chor gegenübergestellt. Klaus Büstrin
Mittwoch, 2. Juli, um 19 Uhr im Nikolaisaal, in der Wilhelm-Staab-Straße 10/11
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