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Faszination des Fremden. Drei als Araber-Familie verkleidete Höflinge.

© SPSG

Kultur: Muslimische Spuren in Potsdam

Kaspar von Erffa erklärt, wie einstige Kriegsgefangene hier lebten

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Ein Schwarzer oder ein Türke, der Kaffee reichte und die Pfeife stopfte, das war, so rassistisch das aus heutiger Sicht klingt, der Audi A8 des 17. Jahrhunderts – ein Statussymbol, das man seinen Gästen im Tabakskollegium präsentierte. Exotisches Personal muslimischen Glaubens gab es auch in Potsdam, etwa seit 1680. Was es mit den sogenannten Beutetürken und anderen Menschen muslimischen Glaubens auf sich hatte, wie sie nach Preußen kamen und hier lebten, das erzählt am heutigen Donnerstagabend Kaspar von Erffa, Leiter der Höfischen Festspiele Potsdam, bei dem Vortrag „... so wollen wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen“ im Potsdam Museum.

Mit einer Mischung aus Angst und Faszination begegnete man damals denen, die keine Christen waren. Die ersten Muslime kamen als Kriegsgefangene, lebende Beute von der Eroberung des heutigen Budapests. Wer nicht abgeschlachtet wurde, so von Erffa, hatte vielleicht Glück und durfte am preußischen Hof eine neue Karriere, etwa als Kammerfrau, beginnen. Auf politisch korrekte Begrifflichkeiten verzichtete man. „Alles was dunkel war, war ein Mohr, die helleren Typen Tataren“, sagt von Erffa. Zunächst wurden diese menschlichen Souvenirs zwangsgetauft, später ging man dazu über, ihnen ihren Glauben zu lassen. Es gab sogar Lange Kerls, die Moslems waren, man war einfach froh über jeden, der das Gardemaß erreichte. Für sie richtete man um 1730 einen eigenen Gebetsraum im Großen Waisenhaus ein. „Das war einzigartig in Europa“, sagt von Erffa. Von dem Raum ist heute nichts mehr zu sehen, so wie es überhaupt nur wenige Spuren muslimischen Lebens in Potsdam gibt. Lediglich das als Moschee gestaltete Wasserwerk in der Havelbucht und das maurische Kabinett im Schloss Belvedere sind sichtbare Zeichen einer Zeit, in der man sich gern mit fremdartigen Accessoires schmückte. In seinem Vortrag wird Erffa die Zeit vom Großen Kurfürsten bis zum Ende der Monarchie beleuchten. Steffi Pyanoe

Der Vortrag am heutigen Donnerstag im Potsdam Museum, Am Alten Markt 9, beginnt um 18 Uhr, der Eintritt kostet 5 Euro

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