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Kultur: Nabucco auf Hebräisch

Der Jerusalem Cantor’s Choir im IHK-Saal

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„Toda“ heißt „danke“ auf Hebräisch – und gedankt wurde viel beim Konzert mit dem Jerusalem Cantor’s Choir am Samstag in der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Potsdam. Im fünften Jahr des Berliner Louis-Lewandowski-Festivals fand erstmals ein Konzert in Potsdam statt, wie die rührige Mitorganisatorin Karin Genrich erfreut feststellte. Die ebenfalls anwesende Infrastrukturministerin für Kathrin Schneider (SPD) lobte das Auftreten des 1972 in Jerusalem gegründeten Chors als Beispiel für Verständigung und Toleranz gerade in dieser Zeit. Die Liebe zur jüdischen und israelischen Musik verbindet die Mitglieder des Chors, die neben ihren verschiedenen Berufen als Vorbeter und Kantoren tätig sind.

Im großen Saal der IHK erklingen die starken Stimmen von 22 Sängern und der Klavierklang einer einzelnen Dame, der langjährigen Pianistin Rita Feldman-Gelfman, vor rund 40 Zuhörern. Zum notwendigen Verständnis tragen knappe Erklärungen auf Deutsch durch ein Chormitglied bei. Die erste Hälfte des Konzerts, der „schwere Teil“, wie humorvoll gesagt wird, besteht aus liturgischen Gesängen zu jüdischen Feiertagen. Vielen liegen die Psalmen Davids zugrunde, die auch im Alten Testament der Bibel zu finden sind. In einigen Kompositionen verschmelzen osteuropäische synagogale Gesangstraditionen mit abendländischer Harmonik.

Ein besonders leuchtendes Beispiel sind die Werke von Louis Lewandowski, dem Namensgeber des Festivals, der aus armen Verhältnissen stammend zum Chordirigenten der Berliner jüdischen Gemeinde aufstieg und im Jahr 1865 zum Königlichen Musikdirektor ernannt wurde. Sein herausragendes Talent zeigt sich bei den Chorsätzen Seu Shearim über den 150. Psalm und dem romantisch-gefühlvollen Zacharti Lach über Verse des Propheten Elias, das mit einem poetischen Solo von Yaim Plesser, dem langjährigen Leiter des Jerusalem Cantor’s Choir aufwartet. Überhaupt sind es die Solisten, die die unterschiedlichen Chorsätze ganz eigen prägen. Hell und klar leuchten die Tenorstimmen von M. Adorian und M. Haimovski, während Y. Birnbaum inbrünstig psalmodierend in archaische Glaubenswelten entführt.

Spritzig schwungvoll klingt die moderne Komposition von Paul Salter, dem agilen musikalischen Leiter des Ensembles, der auch so manches Mal zum Mitklatschen einlädt. Dagegen erfüllt eindringliches Bitten und Flehen das zum jüdischen Neujahr erklingende Ki Vi Yirbu – Hayom Teamzenu. Nachdem beim Klang des Shofar-Horns jeder Teilnehmer persönliche Bilanz gezogen hat, endet das Lied mit einem fröhlich-zuversichtlichen Amen – so sei es.

Vom warmen Ambiente osteuropäischen Judentums zeugen zärtliche Gesänge in jiddischer Sprache, wo „kleine Kinder lachen“ und die jüdische Momme, die beste Mama von der Welt, besungen werden. Dass der Gefangenenchor aus Verdis Nabucco einmal auf Hebräisch gesungen würde, würde den Komponisten sicher erstaunen – doch die zurückhaltende, dynamisch differenzierte Interpretation durch den großartigen Chor erfreut besonders. Schließlich führt die Reise ins heutige Israel und lässt bewegende Lieder von Naomi Shemer erklingen, der bekannten National-Komponistin. Mit Dankgesang, einem ergreifenden Chorsatz auf den 126. Psalm und der stehend angehörten Nationalhymne endet das abwechslungsreiche Konzert, für das dem Jerusalem Cantor’s Choir und den Organisatoren herzlicher Dank geschuldet ist. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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