Sineb El Masrar las in der Stadt-Bibliothek: Nach hinten blicken für die Freiheit
Respekt ist das Allerwichtigste. Diesen Grundsatz vertritt Sineb El Masrar nicht nur in ihrem aktuellen Buch „Emanzipation im Islam – Eine Abrechnung mit ihren Feinden“, sondern verteidigte ihn auch am vergangenen Dienstagabend in der Stadt- und Landesbibliothek (SLB).
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Respekt ist das Allerwichtigste. Diesen Grundsatz vertritt Sineb El Masrar nicht nur in ihrem aktuellen Buch „Emanzipation im Islam – Eine Abrechnung mit ihren Feinden“, sondern verteidigte ihn auch am vergangenen Dienstagabend in der Stadt- und Landesbibliothek (SLB). Dort las sie im Rahmen der von der Friedrich-Naumann-Stiftung und der SLB organisierten Reihe „Lesen, Verstehen, Diskutieren“ aus ihrem Buch und sprach mit Jaqueline Krüger (FDP) und Olaf Kellerhoff (Friedrich-Naumann-Stiftung) über Frauenrechte.
Thema war vor allem die Rolle der Frau im Islam, die, aus kulturhistorischer Sicht gesehen, eigentlich ganz anders aussehen müsste, wie El Masrar sagt. „Wir hatten islamische Herrscherinnen, es gab Mystikerinnen und es gab eben auch die Töchter des Propheten“, so die 35-jährige Publizistin, die 2006 die multikulturelle Zeitschrift „Gazelle“ gründete und Mitglied der Deutschen Islamkonferenz war. Khadija, die erste Frau Mohameds, erzählt sie, sei finanziell unabhängig und mit dem Propheten bereits in dritter Ehe verheiratet gewesen. Überhaupt sei das Scheidungsrecht in Sure 2 der Offenbarungen genau festgelegt – wobei Frauen genauso das Recht auf Scheidung und Wiederverheiratung haben wie Männer. Auch sei, so El Masrar, dabei in Ehen keine Gütergemeinschaft vorgeschrieben, wie sie etwa in Deutschland noch bis zum Ende der 1950er-Jahre üblich gewesen ist. „Früher war es üblich, dass die Ehe mit einem Ehevertrag geschlossen wurde, der jedem die Hälfte des Vermögens zusprach.“ Zwangsheirat sei laut den Offenbarungen ebenfalls verboten.
Das heute stark verbreitete patriarchische Bild des Islams käme vor allem dadurch zustande, dass der Koran seit Jahrhunderten von männlichen Gelehrten ausgelegt wird. „Viele dieser Auslegungen kommen durch eine Angst vor der weiblichen Sexualität zustande.“ So predige ein Mann, der nicht damit umgehen kann, dass die Frau schon vor ihm mit anderen Männern Sex hatte, natürlich das Gesetz der jungfräulichen Eheschließung. Letztendlich stecke dahinter aber eine Angst, sich mit einem anderen Mann messen zu müssen. Es wäre nun Zeit, die alten und zum Teil extremistischen Auffassungen endgültig zu hinterfragen. Es braucht quasi eine ähnliche Aufklärung, wie sie – zumindest großflächig – im Christen- und Judentum stattgefunden hat. Dafür brauche es allerdings Zeit, Geduld und immer den gegenseitigen Respekt füreinander.
Auch die vieldiskutierte Verschleierung von Musliminnen ließe sich zwar kulturhistorisch, weniger aber religiös begründen. „Weder das Kopftuch noch die Ganzkörperverschleierung sind ja islamische Erfindungen.“ So mussten sich beispielsweise sumerische Prostituierte verschleiern, um sich von den anderen Frauen zu unterscheiden. „Man sollte sich bewusst sein, in welcher Tradition man sich hierbei bewegt.“ Für sie, selbst gläubige Muslimin, sei das Kopftuch nicht Teil der islamischen Religion, da es nirgendwo im Koran explizit vorgeschrieben werde. Trotzdem halte sie nichts davon, ein prinzipielles Kopftuchverbot auszusprechen, wie es durchaus von Teilen des Publikums für Deutschland gefordert wurde. Denn: Zum einen fühlen sich die betroffenen Frauen dann nur noch ausgegrenzter. Zum anderen gebe es auch Frauen, die ein Kopftuch aus modischen Gründen oder auch aus Stolz auf ihre Religion trügen. Entscheidend sei dann eher, wie tolerant diese Frauen gegenüber Religionsgenossinen seien, die sich entscheiden, das Kopftuch abzulegen. Nicht oft käme es bis heute vor, dass Eltern oder Freunde mit solchen Frauen nicht mehr sprechen, weil sie in ihren Augen die Religion beleidigt haben. S. Kugler
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