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Kultur: Natürlichkeit

Bachkantaten-Gottesdienst in der Friedenskirche

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In der Friedenskirche Sanssouci haben Aufführungen von Bachkantaten Tradition. Bereits Kantor Matthias Jacob Vorgänger Ekkehard Tietze bereicherte das Potsdamer Musikleben regelmäßig mit Kantaten-Vespern. Jacob legte die Aufführung der kirchenmusikalischen Kostbarkeiten in den Gottesdienst, dorthin, wo sie hingehören, für die sie Bach komponierte. Matthias Jacob setzte für seine Kantaten-Wiedergaben abwechselnd den Vocalkreis sowie den Oratorienchor Potsdam ein, zwei Klangkörper, die souverän mit Bachscher Vocalkunst umzugehen vermögen. Am Sonntag leitete er seinen letzten Bachkantaten-Gottesdienst, bevor er Ende Oktober in den Ruhestand geht.

Musiziert wurde die Kantate „Schauet doch und sehet, ob irgendein Schmerz sei wie mein Schmerz“, BWV 46, ein Werk, das selten erklingt. Bach hat es 1723 in seinem ersten Leipziger Amtsjahr vertont. In ihm geht es um das Schicksal Jerusalems. Mit einem Zitat aus den Klageliedern des Propheten Jeremia beginnt die Kantate, einem Text, der entstand, als Jerusalem von den Babyloniern, also lange vor den Römern, erobert und zerstört wurde. Jacob gab es ohne Experimente wieder. Weil er das nicht nötig hat. Die Aufführung war rundherum stimmig. Die Tempi waren musikalisch schlüssig gewählt, die Balance von Vokalem und Instrumentalem – sei es in den Soli oder den Chören – blieb meist plastisch agil. Der Oratorienchor Potsdam folgte dem Dirigenten hochkonzentriert und ausdrucksstark. So wurde der dichte Eingangschor, dessen ersten Teil Bach später für das „Qui tollis peccata mundi“ der h-moll-Messe verwendete, ein Höhepunkt der Aufführung. Von den drei Solisten überzeugte Mezzosopranistin Kristiina Mäkimattila mit tonlicher und einfühlsamer Präsenz. Das Neue Kammerorchester Potsdam musizierte, wie erwartet, auf erfreulichem Niveau.

Matthias Jacobs Kantaten-Aufführungen waren stets von Natürlichkeit, Ursprünglichkeit sowie geistlicher Durchdringung geprägt. So blieb von ihnen ein tieferer Eindruck, als bei so mancher starrer und hilfloser Wiedergabe, die die reine historische Aufführungspraxis bevorzugt.Klaus Büstrin

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