Kultur: Nicht auf ausgetretenen Pfaden Die 2. Sommermusik der Friedenskirche
Weitgehend Unbekanntes präsentierte die 2. Sommermusik der Friedenskirche Sanssouci am vergangenen Samstag: Selten zu hörende Werke von Komponisten, auf die Interpreten kaum ihre Augen und Ohren werfen.
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Weitgehend Unbekanntes präsentierte die 2. Sommermusik der Friedenskirche Sanssouci am vergangenen Samstag: Selten zu hörende Werke von Komponisten, auf die Interpreten kaum ihre Augen und Ohren werfen. Auch der Sänger Andreas Heinze ist in der Potsdamer Region bisher wohl kaum in Erscheinung getreten. Allein der Organist Tobias Scheetz hat sich schon längst durch seine musikantischen und vielseitigen Interpretationen, sei es in der Friedens- oder in der Erlöserkirche, einen Namen gemacht. Auch in dieser Sommermusik zeigte der Kirchenmusiker wieder bemerkenswertes Profil, bei der Begleitung des Sängers und beim solistischen Musizieren von Orgelwerken.
Es gab insgesamt lohnenswerte Begegnungen und Entdeckungen. Der Dresdner Bariton Andreas Heinze, der von Kindheit an mit der Elbestadt musikalisch und menschlich eng verbunden ist, verfügt über eine wunderbare lyrische Stimme, mit der er in der Lage ist, mit großer Feinfühligkeit die Zuhörer in die Welt der geistlichen Lieder zu führen. Die fast tenoral helle Baritonstimme wird schlank geführt und fühlt sich zweifellos im Piano und im Mezzoforte am wohlsten. Hier gelingen dem Sänger dann auch ganz bemerkenswerte Schattierungen. Im Mittelpunkt von Heinzes Vortrag stand der Zyklus „Vater unser“ des Wagner-Zeitgenossen Peter Cornelius, der vor allem ein produktiver Liedkomponist in Berlin, Weimar und in Mainz war. Die Grundlage für fast die Hälfte seiner Lieder waren eigene Dichtungen, die auch von anderen Komponisten vertont wurden. Cornelius bezeichnete sich selbst als „Dichterkomponist“.
Andreas Heinze intonierte vor jedem Einzellied die in der Überschrift zitierte Zeile des Gebetes nach der lateinischen Liturgie. Dann verinnerlichte Cornelius jedes der neun Lieder mit den Gedanken der originalen Gebetzeile im Sinne innerer Erbauungslyrik. Der Bariton wusste die einzelnen Piecen farbig zu gestalten und mit einer genuinen Textbehandlung aufzuwarten.
Zuvor sang er Lieder von Johann Christian Heinrich Rinck, einem Zeitgenossen von Beethoven und Schubert, und von Lothar Graap, einem der gegenwärtig prominentesten Kirchenmusiker der Berlin-Brandenburgischen Landeskirche. Neben den Cornelius-Liedern machen das Frühromantische sowie die gute Allgemeinverständlichkeit heutiger Tonsprache deutlich, was Musik leisten kann: Kraft und Trost geben, auch durch die beiden Interpreten Andreas Heinze und Tobias Scheetz.
Der Organist konnte mit dem Instrument, der Woehl-Orgel, nicht nur die Lieder klangschön begleiten und ihren jeweiligen Charakteren die rechte Atmosphäre geben, sondern auch den Solo-Orgelwerken von Karl Joseph Jonkisch und Lothar Graap eine eigene Ausdruckskraft verleihen. Das gemäßigt moderne, tonal gebundene Concerto 1 des Görlitzer Kirchenmusikdirektors Jonkisch aus dem Jahre 1989 kann mit vielen angenehmen Attributen aufwarten: Spielfreude, musikalische Frische, wohl dosierter Humor, auch Nachdenklichkeit, die sich nicht ins Schwermütige steigert. Herber und expressiver sind dagegen Lothar Graaps „Meditationen“. Und stets von großer Dichte.
Die 2. Sommermusik in der Friedenskirche erwies sich als ein Konzertnachmittag, der ganz und gar ausgetretene Repertoirepfade mied. Dafür hätte man sich mehr Zuhörer gewünscht.
Klaus Büstrin
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