Kultur: Nicht immer spannend
Musikakademie Rheinsberg zeigt Cherubinis Oper „Der Wasserträger“
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Beim überfallartigen Aufspüren von Flüchtigen und Drangsalieren der Hilfe gewährenden Familie eines Wasserträgers ist die Soldateska nicht zimperlich. Widerstand ist zwecklos. Schnell zücken die Offiziere ihre Pistolen, sichern Soldaten mit Gewehren den Einsatzort, richten ihre Waffen gewaltbereit ins Publikum. Auch das soll eingeschüchtert werden, wird als vermutete Mitwisser sozusagen in Geiselhaft genommen. Kurzum: es geht ziemlich rabiat und plakativ auf der Bühne des Schlosstheaters in Rheinsberg zu, wo die Musikakademie gegenwärtig ihre traditionellen Festtage der Alten Musik veranstaltet und mit der Erstaufführung von Luigi Cherubinis (1760-1842) neu edierter und aufführungspraktisch neu eingerichteter Rettungsoper „Der Wasserträger“ Kenner wie Liebhaber erfreut.
Doch was sich durch die Regie (Simone Zeisberg-Meiser) wie eine Episode aus nahöstlichen Regionen ansieht, spielt eigentlich im Frankreich des 17. Jh., als Kardinal Mazarin das Parlament auflöst und seine Mitglieder verfolgen lässt. Wie dessen Präsidenten, den Grafen Armand, der mit Gattin Constance auf der Flucht ist. Doch das Geschehen um Verfolgung, Angst, Liebe, Mut und Treue meint natürlich Cherubinis nicht weniger erfreuliche Gegenwart (1799), als sich Revolutionäre zu Tyrannen wandelten. Um das Ganze zeigefingerartig ins Heute zu holen, kommt noch eine dritte, historischen Zeitbezug meidende Ebene hinzu. Dass dabei die Musik eine ganz andere Sprache spricht, ignoriert die Regisseurin.
Ein treppenreiches Holzgerüst umsteht die offene, spartanisch eingerichtete Szene. Riesige Überwachungsaugen haben alles im Blick (Ausstattung: Jens Hübner). Man trägt moderne Straßenanzüge, gibt sich salopp und betont privat, zeichnet blässliche Figuren in wenig spannenden Arrangements. Manchmal geraten sie (wie die preußisch-zackigen Offiziere oder Pächter Sémos als jovial-bajuwarischer Trachtenanzugträger) an die Grenze zur Karikatur. Handwerkliches Rüstzeug für ihren weiteren Berufsweg erhalten die Sänger, aus bundesweitem Vorsingen ausgewählte Studenten oder Absolventen am Beginn ihrer Karriere, leider kaum.
Doch Singen können die Auserwählten schon. Am beeindruckendsten Piotr Pluska als anrührender, sympathischer, schlitzohriger, baritonlyrischer Wasserträger Mikéli. Den Grafen (wenig profiliert in Spiel und Stimme: Kim Schrader) und dessen Gattin (ausstrahlungskühl, aber mit beachtlicher Sopranhöhe: Katrin Starick) will er um jeden Preis retten. In letzter Minute gelingt“s auch – nachdem sich Sohn Antonio (Lee Min) in die Schüsse des Exekutionskommandos geworfen hat, die nun ihn statt den Adligen töten – ein hoher Preis für dessen Errettung.
In den des Publikums Beifall sind auch die kraftvoll singenden Choristen (Musikhochschulstudenten aus Berlin und Rostock) und das mit Leidenschaft wie innigem Gefühl aufspielende „Kammerorchester 1770“ (Leitung: Rustam Samedov) eingeschlossen.Peter Buske
Weitere Aufführungen: 5./6. April, Schlosstheater Rheinsberg.
Peter Buske
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