Kultur: Nicht mehr als 40 Dezibel
Ordnungsamt bei Stadt für eine Nacht auf Wacht
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Da soll ab morgigen Samstag die „Stadt für eine Nacht“ mit einem 24-Stunden-Programm stattfinden und jetzt wird bekannt, dass das Ordnungsamt angeblich nicht mitspielt. Schluss mit nächtlicher Fröhlichkeit? Nein, nicht ganz. Die Wogen haben sich mit Stand vom gestrigen Donnerstag wieder geglättet, nachdem bereits von den Veranstaltungshäusern ein Brief an den Oberbürgermeister verfasst worden war, um in letzter Minute Druck zu machen. Kulturamtsleiterin Birgit-Katharine Seemann betonte auf Anfrage, dass alle im Programmheft ausgewiesenen 68 Veranstaltungen auch stattfinden werden. Das Ordnungsamt sei erst auf den Plan gerufen worden, nachdem Anfang der Woche Nachmeldungen von der „fabrik“ und vom T-Werk gekommen seien, Partys im Freien feiern zu wollen. Die dürfen nun auch stattfinden, die „fabrik“ muss sich allerdings mit einer Indoor-Party begnügen. Der Schirrhof als Ort der basskräftigen Dubstep-Party vom T-Werk hat den Schalltest des Amtes indes bestanden. Auch die nächtliche „Localize“-Bespielung des Parkdecks wird es wie geplant geben, ebenso den Tanz auf der Seebühne. „Es geht um die Zeit von 1 bis 6 Uhr, und da müssen wir die Interessen der langen Nacht mit denen der Anwohner abwägen“, so die Kulturamtsleiterin. Nun werden die ganze Nacht Akustikmessungen durchgeführt: an sieben Orten in der näheren Wohnbebauung der Berliner Vorstadt. Mehr als 40 Dezibel sind nicht erlaubt. Bei Beschwerden muss die Lautstärke gedrosselt werden. Es gibt sogar eine Beschwerde-Hotline. „Es darf nicht die volle Disco-Wucht in die Berliner Vorstadt wummern. Letztes Jahr war man noch etwas großzügiger. Dieses Jahr sind die Pegelstände genau angegeben“, so Birgit-Katharine Seemann.
Im vergangenen Jahr mussten gegen 4 Uhr in der Früh die Stecker gezogen und die Partys beendet werden, weil sich Anwohner beschwert hatten. In diesem Jahr hatten die Kulturanrainer gehofft, dass alle Probleme aus der Welt geschafft seien. „Auf die schwammigen Auflagen vom Ordnungsamt wollten wir uns nicht einlassen. Wir verlangen eine klare Genehmigung“, sagte Jens-Uwe Sprengel vom T-Werk. Und die scheint es nun zu geben. „Alle wissen jetzt, was sie dürfen und was nicht. Alles ist im gesetzlichen Rahmen“, so Henning Krüger, der Koordinator der Schiffbauergasse.
Der Argwohn der Veranstalter ist verständlich. Letztes Jahr musste sich das T-Werk mit der Bauaufsicht auseinandersetzen. Die hatte die Bespielung eines Containers durch drei Tänzer untersagt und mit einer Konventionalstrafe von 500 000 Euro gedroht, wenn sich jemand widersetze und das metallstarke Dach dennoch besteige. Also bestritten die Tänzer brav ebenerdig ihre Performance. „Das fanden wir wahrlich nicht produktiv. Wir erwarten, dass es gerade bei so einem riesigen Fest Hand in Hand geht“, so Sprengel. „Nach der Loveparade in Duisburg mit 18 Toten sind alle Behörden vorsichtig geworden“, sagt die Kulturamtschefin. Da heiße es lieber: Nein, das dürft ihr nicht, als ein Risiko einzugehen. Doch warum man nicht eine Nacht im Jahr ohne Akustiksanktionen Party machen kann, ist unverständlich. Vielleicht sollten die Anwohner einfach mitfeiern oder sich Ohrstöpsel zulegen. Heidi Jäger
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