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Kultur: Nicht nur im Rausch der Bewegung

Cembalistin Carole Cerasi knüpft „Familienbande“

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Cembalistin Carole Cerasi knüpft „Familienbande“ Fast könnte man Elisabeth-Claude Jacquet de la Guerre, neumodisch gesprochen, als Musikfestspiele-„Composer in residence“ bezeichnen. Oder als Domina. Kaum ein Kammerkonzert, in dem nicht eines (oder mehrere) ihrer Stücke erklungen wäre. So auch (oder gerade) beim Cembalorecital mit Carole Cerasi im Jaspissaal der Neuen Kammern, wo die vom „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. geförderte Komponistin und Musikerin ausführlich zu Worte kommt. „Familienbande“ heißt die Programmfolge, die passenderweise Werke ihres Cousins und Patenkindes Louis-Claude Daquin (1694-1772) sowie von Francois Couperin (1668-1733), dem Cousin ihres Gatten Marin de la Guerre, bereithält. Seilschaften, die ihres Reizes nicht entbehren. Durch die chronologische Abfolge lassen sich zudem reizvolle Einblicke in die Werkstätten der Notenhandwerker gewinnen. Ihren Ausflug in die Hoch-Zeit der Cembalokunst beginnt die in Schweden geborene, in London lebende Carole Cerasi mit der a-Moll-Suite von Madame de la Guerre. Der silbrige Klang des kraftvoll tönenden Instruments ist der traditionell angelegten Tanzfolge ein stimmiger Sachwalter. Einen prachtvoll rauschenden Eindruck, hervorgerufen durch die Kopplung des 1. (Spiel-)Manuals mit dem zweiten, hinterlassen beispielsweise die beiden Courantes mit ihren punktierten Rhythmen im Sechsviertel-Takt. Mit ihrem virtuosen Spiel setzt die Cembalistin den Stücken feingliedrige, geradezu funkelnde Glanzlichter auf. Etwas gewöhnungsbedürftig sind die hintereinander gespielten acht Preludes aus „L''Art de toucher le Clavecin“ von Couperin. Es sind Stücke, die sich generell durch einen getragenen Ausdruck auszeichnen und denen etwas Lehrbuchhaftes (in der Art Bachscher Inventionen) anhaftet. Mit kleinen Schwankungen in Tempo und Rhythmus bemüht sich Carole Cerasi um lebendigen Ausdruck. Fast nahtlos schließt sie eine Couperinsche Tanzfolge aus „Huitième Ordre“ in h-Moll an, die übrigens keines Prelude bedarf! Größtenteils herb und ernst klingt sie vorüber. Bewegteren Stücken ist eine Spur von Noblesse, von gravitätischer Eleganz nicht abzusprechen. Doch Leidenschaft will nicht so recht lodern, zumal die Aura von Cerasi auch nicht dazu angetan ist: an der Klaviatur erweist sie sich eher als ein introvertierter Typ, der zwar virtuos und brillant zu tastatieren versteht, aber dabei auch etwas unbeteiligt wirkt. Reglosen Mienenspiels, dafür mit leichten und lockeren Händen blättert sie Daquins d-Moll-Suite auf, deren Tanzsätze sich als eine Abfolge von harmonisch vielgestaltigen Charakterstücken erweisen. Kapriziös und trillerverziert spreizt sich die „Favoritin“, nachdenklich die „Verbindungen der Harmonien“. Danach klingt die abschließend gebotene d-Moll-Suite von Jacquet de da Guerre sehr traditionsbehaftet. Was in den Rausch der Bewegung mündet, findet Fortsetzung in einer entsprechenden Zugabe.Peter Buske

Peter Buske

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