
© HOT/Stefan Gloede
Kultur: Nicht Schwarz-Weiß
„Der Fall – Mauer, Mord, Moneten“: Morgen Premiere vom HOT-Jugendklub
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Schon die Recherche hatte etwas von einem Krimi: Wie sah der Alltag aus in der DDR? Welche Klamotten trugen die Jugendlichen, was für Nummernschilder hatten die Autos, wie konnte eine Flucht gelingen, wie waren die Stasi-Akten angelegt? Die Mitglieder des Theaterjugendklubs wollten es genau wissen, auch wenn ihr selbst geschriebenes Stück „Der Fall – Mauer, Mord, Moneten“ eine fiktive Geschichte ist – ein Krimi, der vor allem unterhalten soll. Bei der Faktenerkundung gingen sie dennoch akribisch vor, gerade weil die Wenigsten von ihnen die DDR noch selbst miterlebt haben.
Kathrin wurde genau ins Wendejahr hineingeboren. „In der Familie sprachen wir kaum über die Vergangenheit, aber in der Schule haben wir viel erfahren“, so die 19-Jährige von der Goethe-Gesamtschule. Für das Stück wollte sie es noch genauer wissen, schließlich ging es um das Gestalten von Figuren aus Fleisch und Blut. Sie hakte bei der Mutter nach und fand deren Geschichte durchaus spannend: „Sie war sehr kirchlich engagiert. Mein Bruder durfte dennoch auf die Sportschule gehen. Die harte Hand des DDR-Staates bekam sie nicht so zu spüren. Es gab eben nicht nur Schwarz und Weiß.“ Immer wieder heben die Darsteller hervor, dass sie kein politisches Stück wollten, keine kritische Rückblende. „Wir kennen die Zeit ja gar nicht.“
Bonnie war zwar sieben Jahre alt beim Mauerfall, aber erinnern könne sie sich nur schemenhaft an die morgendlichen Fahnenappelle und dass sie bei der 1. Mai-Demonstration auf den Schultern des Vaters saß. Auch sie befragte intensiv ihre Familie, erfuhr von der Mutter, dass sie durch Kritik innerhalb der Partei den Staat verbessern wollte. Bonnie, die in dem Stück die Pfarrerin spielt und selbst Physiotherapeutin ist, habe für ihre Figur viel den Schilderungen der Mutter entlehnt. Maximilian stieß erst sechs Wochen nach Probenbeginn dazu. Er ließ sich nicht abwimmeln und wollte unbedingt im Jugendklub mitarbeiten. „Das ist doch mein Thema“, insistierte der 21-jährige Geschichtsstudent der Humboldt-Uni, der gemeinsam mit sechs anderen das Stück immer wieder umschrieb. „Nicht nur um jeden Satz, um jedes Wort haben wir gerungen.“ Er selbst spielt den Wessi Klaus. „Der war zur Wende so alt wie ich heute und verhalf seiner im Osten lebenden Zwillingsschwester Sabine kurz vor dem Mauerfall zur Flucht.“
Die anfängliche Idee von Jugendklub leiterin Manuela Gerlach – die gemeinsam mit Enno Hartmann Regie führt – ein dokumentarisch angelegtes Stück über den Mauerfall zu entwickeln, folgte die elfköpfige Gruppe nicht. „Sie ist woanders hinmarschiert, aber das ist in Ordnung.“
Nun steht ein Koffer mit Ostgeld im Rampenlicht, der auf einer Baustelle in Brandenburg ausgegraben wird. Die Finder wenden sich mit dem wertlos gewordenen Moneten an die Lokalzeitung. Der mysteriöse Fund gewinnt an Dramatik, als auch noch eine Leiche auftaucht. Aber viel mehr wollen die Jugendlichen nicht verraten, schließlich lebt ein Krimi von geheimnisumwobenen Fährten. Nur so viel. Es gibt drei Ebenen: das Jahr 2009, drei Meter darunter die Wendezeit und dazwischen die Aktenebene, in der aus Stasi- und Polizeiberichten gelesen wird. „Wir haben aber nicht auf der einen Seite die bösen Stasi-Männer und auf der anderen die guten Fluchttunnel-Bauer“, sagt Max. Ihre Inszenierung soll weder schwarz-weiß noch grau sein. Sie wollen es bunt und unterhaltsam. „Der Überdruss am Thema Mauer kommt noch früh genug“, glaubt Max. Heidi Jäger
Morgen 19.30 Uhr, Reithalle A
Heidi JägerD
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