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Kultur: Nicht von Pappe oder doch?

Carmen Janosch bemalt Pappmöbel und schmückt noch manches andere

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Die Wohnung ist nicht groß, aber hell und freundlich und alles hat seinen Platz. Bei Carmen Janosch in der Brandenburger Straße denkt man sofort an den Begriff „Villa Kunterbunt“, denn frische Farben erfreuen das Auge bei Möbeln, Bildern und Accessoires. „Dabei bin ich eher ein schwarz-weiß Typ“, sagt die Grafikerin, die von Porzellan bis Taschen schon die unterschiedlichsten Werkstoffe mit ihren Entwürfen verziert hat. Schwarzes Haar zum Zopf gebunden, dunkle, lebhafte Augen, heller Teint, Bluse und Rock in Schwarz-Weiß, dazu ein rot gepunktetes Band in den Haaren und die poppig bunte Armbanduhr sind einzige Farbtupfer.

Die quirlige Vierzigerin gibt das passende Pendant zur Farbenvielfalt ringsum ab, zu der auch zwei von ihr gestaltete Pappstühle gehören: einer in Schwarz- Weiß mit rotem Herz, der andere Blau mit Damenkopf. Carmen Janosch hat schon Pappmöbel aller Art bemalt oder grafisch gestaltet: Stühle, Schreibtische, Regale, ausgefallene Schrank-Creationen. An ein Bett habe sie sich noch nicht herangewagt. Carmen Janosch bezieht das Material, das auch im bräunlichen Pappeton sozusagen natura verwendet werden kann, von Stange-Design und seit kurzem von Frédéric Lambert (Luxembourg). Sie bekommt sie in Einzelteilen in Kartons verpackt angeliefert, schraubt sie zusammen und dann erst beginnt ihre eigentliche Arbeit.

Es wird mit Farbe grundiert, der Entwurf in Originalgröße aufgemalt und mehrmals farblos lasiert, denn das Kunstwerk soll schließlich auch gebrauchstauglich sein. Wenn die Künstlerin mit Foto-Collagen arbeitet, werden die als Plakat über den Computer hergestellt und in Originalgröße ausgedruckt und dann auf Stuhllehne und Sitz aufgezogen. Natürlich könne man auf den Stühlen ganz bequem und sicher sitzen. Alle Möbel seien getestet und vertrügen viel mehr Gewicht als selbst ein kräftiger Kerl auf die Waage bringe. Ihre Freundin habe ein Pappbett und schlafe schon seit zehn Jahren darin, erzählt die Gestalterin. Studenten würden sich zum Beispiel gern mit Pappmöbeln ausstatten, sie seien preiswert und auf lange Jahre funktionstauglich. Selbst ein Stuhl von Carmen Janosch kunstvoll bemalt ist immer noch erschwinglich. Er kostet derzeit 135 bis 165 Euro. In den Regen stellen sollte man Pappmöbel aber tunlichst nicht, wenn jedoch mal Flüssigkeit verschwappt wird, halten sie das gut aus. Es sitzt sich übrigens bequem auf den hochlehnigen hübsch bemalten Stühlen und ihre Schöpferin hat auch keine Probleme damit, sie auch mal als Leiterersatz beim Fensterputzen zu benutzen. Doch viele stellten sich einen solchen Stuhl auch nur als Blickfang hin, meint sie.

Was die Muster betrifft, da ist Carmen Janosch sehr variabel und stellt sich auf Kundenwünsche ein. Bis in die klassische Malerei würde sie mit ihren Entwürfen zwar nicht zurückgreifen, aber Künstler des 20. Jahrhundert kopiert sie schon mal ganz gern. Sie liebt die Bilder von James Rizzi, Andy Warhol und Roy Lichtenstein und sie greift bei ihren eigenen Gestaltungen gern auf diese Ausdrucksformen zurück. An Ideen mangelt es Carmen Janosch nicht, sie flögen ihr zu und dann setze sie sie meist sehr schnell um. „Ich kann Tag und Nacht arbeiten, um ein Projekt fertig zu bekommen“. sagt sie. „Ich möchte nicht, dass mir eine neue Idee bei der Arbeit schon gedanklich in die Quere kommt. Es ist eine schnelllebige Zeit. Das Morgen sieht immer anders aus als das Heute. manchmal möchte ich die Zeit anhalten.“ Ihre Stühle umrunden Esszimmertische, stehen in Büros als bunte Tupfer oder spielen in Schlafzimmern den Stummen Diener. Nur von der Bemalung der Pappmöbel könne sie allerdings nicht leben, meint Janosch. Im Moment arbeitet sie an einem CD-Cover für Latin-Dance. Auch von ihr gestaltete Paravents finden immer wieder Abnehmer. Man kann auch Bilder und Grafiken von ihr am besten im Internet unter www. carmenjanosch.de erwerben. Für die Taschen, die aus LKW-Plane hergestellt werden und mit Bildcollagen bedruckt sind, sucht sie noch einen Partner, der sie vermarktet. Carmen Janosch arbeitet zumeist im Atelier von Christian Fleming. „Zu zweit ist es lustiger als der Einzelkampf“, meint sie lachend. Später einmal würde sie auch gern wieder mit Porzellanmasse arbeiten.

Bei der Künstlerin hat alles mit dem weißen Gold begonnen. Sie erhielt eine vierjährige fundierte Ausbildung in der Porzellan-Manufaktur Meissen, besuchte danach noch die Abendschule der Kunsthochschule Dresden, aber merkte schließlich, dass das Leben selbst das wahre Studium ist und so probierte sie ihre Talente ganz praktisch aus. Als waschechte Potsdamerin wollte sie unbedingt in die Havelstadt zurückkehren und spricht ihr ganz spontan ein von Herzen kommendes Lob aus. Hella Dittfeld

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