
© earBOOK Hildegard Knef/(c)Ulrich B. Mack
Kultur: Nichts geht verloren
Eine Frau – drei Karrieren: die vielen Gesichter der Hildegard Knef in einem großen Fotoband
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Dieses Buch vertraut auf die Kraft der Bilder. Gesichter reihen sich aneinander und lassen einen ganzen Kosmos entstehen. Dabei richtet sich der Focus nur auf eine Frau: Auf eine Frau und drei Karrieren. Und immer wieder auf Privates.
Wir sehen Hildegard Knef feurig küssend mit ihrem Spielkameraden in Opas Garten bei Zossen. Da ist sie gerade drei. Zu einer Schönheit mit tiefem melancholischen Blick ist sie herangewachsen, als sie das erste Mal Filmluft schnuppert: als Zeichenschülerin für Filmreklame und Trickfilm bei der Ufa. Doch das ist nicht der Platz ihrer Träume. Sie nimmt heimlich Sprechunterricht, um Schauspielerin zu werden. Wenig später beginnt ihre große Karriere, mit einem furiosen Durchbruch in Babelsberg. Als Hauptdarstellerin im ersten deutschen Nachkriegsfilm „Die Mörder sind unter uns“, eine DEFA-Produktion von Regisseur Wolfgang Staudte, wird Hildegard Knef zum ersten Filmstar nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland. „Mit ihrem ehrlichen, frischen und hoffnungsvollen Gesicht bringt sie einen neuen Typus Frau auf die Leinwand“, schrieb Paul von Schell, ihr dritter und letzter Ehemann, liebevoll ins Vorwort zu dem eindrucksvollen earBOOK „Nichts geht verloren“, das in Schwarz-Weiß eine sprühend-funkelnde Farbpalette mischt. In wenigen Worten umreißt er die Stationen seiner Frau, die sich immer wieder neu in Szene setzt. Sie ist das erste Titelbild des „Spiegels“, die erste Schauspielerin, die nach dem Krieg in Hollywood dreht und auch die erste Nackte im deutschen Film. „Die Sünderin“ von 1951 haftet ihr das ganze Leben an.
1963 startet die Knef ihre zweite Karriere, nun als Sängerin. Mit größtenteils selbst verfassten Texten erfindet sie das deutsche Chanson: anspruchsvolle Inhalte wider dem Heilen-Welt-Einerlei der Schlagermusik. Und wir hören sie auf beigelegter CD noch einmal mit rauchiger Stimme singen: „Nichts haut mich um“. Und fürwahr: Nach schwerer Krebserkrankung und Brustamputation kehrt sie wieder auf die Bühne zurück: Und bricht als erste Prominente das Tabuthema Krebs in Deutschland. Diesmal als Autorin. Ja selbst ihr Face-Lifting gesteht sie öffentlich ein – und spaltet die Nation. Die Fotos im earBOOK spiegeln diese „Sensationen“ nur beiläufig. In diesem Foto-Almanach findet der Film in der eigenen Fantasie statt: Wir begleiten die Knef zwischen Höhen und Tiefen, sehen sie kess und wild, nachdenklich-versonnen, als gefeierten Star und zärtliche Mutter.
Einige Fotos waren selbst für Paul von Schell neu. Bei der Auswahl der Filmtitel konnte man ihn indes nicht überraschen. „Ich kenne und liebe jedes gesungene Wort. Viele Lieder haben für mich eine persönliche Bedeutung. Dennoch höre ich eher selten die Titel meiner Frau. Diese markante Stimme singen zu hören macht mich, auch nach sechs Jahren, immer noch ein wenig traurig. In meiner Wohnung zwischen unseren Möbeln und Interieur hört es sich dann manchmal an, als wäre sie noch da.“ Wie auf dem Foto im Cabrio: Im Fahrtwind halten sich Paul von Schell und Hildegard Knef fest bei der Hand – neugierig auf das, was noch kommt. Als wenn das Leben erst beginnt.
Am Ende schließt sich der Kreis. In Babelsberg, wo Hildegard Knef 1946 ihren Ruhm begründet, steht nun im Sommer 2008 Heike Makatsch vor der Kamera – und spürt in dem Film „Hilde“ dem großen Star nach. Heidi Jäger
earBOOK über Hildegard Knef „Nichts geht verloren“, 103 Seiten, 2 CD, 39, 95 €.
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